«Der heutige Klinikdirektor Pierre-Alain Clavien wird Ende Januar 2023 als Professor an der Universität Zürich emeritiert und tritt auf diesen Zeitpunkt auch aus dem Universitätsspital aus», schrieb
Medinside am 21. Dezember 2022. Das Zitat stammt aus einer
Medienmitteilung des Universitätsspitals Zürich, das über die Einführung eines neuen Führungsmodells an der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie informierte.
Wie der
«Tagesanzeiger» am Wochenende berichtet, steckt hinter dem Weggang von Clavien einiges mehr. So soll es vier Tage vor Weihnachten zu einem Knall gekommen sein, als Professor Pierre-Alain Clavien, berühmter Direktor der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie, eröffnet wurde, dass er das Spital am 31. Januar 2023 verlassen müsse.
Der Grund: Eigentlich hätte seine Amtszeit um ein Jahr verlängert werden sollen, um seine Nachfolge als Forscher und Klinikdirektor zu regeln. Doch nun herrsche am USZ «Streit, Konsternation und Verunsicherung».
Pierre-Alain Clavien. | USZ
Als bester Chirurg gelobt
«Clavien ist nicht nur der beste Chirurg, den ich kenne, sondern auch ein Spitzenforscher und ein begnadeter akademischer Lehrer», wird Adriano Aguzzi, Leiter der Neuropathologie am USZ, von der Zeitung zitiert. Die Klinik sei am Boden gewesen, als er sie vor zwei Jahrzehnten übernommen habe . «Clavien hat sie auf Weltspitzenniveau gebracht», so Aguzzi weiter.
Clavien verzichtet auf Jobangebot
Der Spitzenchirurg hatte 2019 ein Angebot vom King’s College Hospital bekommen. Nachdem sich Spitaldirektor Gregor Zünd dafür eingesetzt hatte, dass Clavien am USZ bleibt, folgte er dem Ruf nicht.
Zünd soll folgende Worte an Clavien gerichtet haben: «Wir möchten unsere Absicht unterstreichen, Sie ab dem 1. Februar 2023 (das Datum der ordentlichen Pensionierung) für zwei Jahre weiterzubeschäftigen.» Sein Bleiben habe für die Spitaldirektion und den Spitalrat hohe Priorität.
Ein Jahr später beschloss der Spitalrat, die Anstellung des Direktors der Klinik für Viszeral und Transplantationschirurgie nach seiner Emeritierung am 31. Januar 2023 um ein Jahr zu verlängern. Die Verlängerung trage dazu bei, die Leistungsfähigkeit der Klinik zu erhalten, ungewollte Fluktuation von Kaderärztinnen und -ärzten zu vermeiden und die Transformation hin zu einer neuen Klinikorganisation sicherzustellen, hiess es seitens USZ.
Grosses Lob und Zusicherung
Für das neue Führungskonzept arbeitete Clavien mit seinem Mitarbeiter René Vonlanthen zusammen. «Wir hatten in unserem Strategieplan eine rotierende Führung der Klinik vorgeschlagen. Darin war vorgesehen, dass Clavien bis mindestens 2024 bleibt. Das wurde vom Spitalrat so gutgeheissen», sagt Vonlanthen gegenüber dem «Tagi».
Noch am 3. Oktober 2022 soll Zünd an Clavien gechrieben haben: «Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, deine Anstellung ist bis zum 31. Januar 2024 gewährleistet und steht nicht zur Diskussion.» Clavien sei der erste rotierende Direktor.
In einem Evaluationsbericht soll Clavien laut dem «Tagesanzeiger» beste Noten erhalten haben. Insbesondere das Projekt Liver4Life, das Clavien initiiert hatte und von der Wyss-Stiftung gefördert wird, sei explizit gelobt worden. Mit dem Projekt schaffte Clavien auf diesem Gebiet letzten Frühling eine Weltsensation.
Dann die Enttäuschung
Weniger gelobt wird das Verfahren um die Auswahl eines Nachfolgers für Clavien. Gewünscht wurden ein transparentes Auswahlverfahren sowie eine offene Kommunikation, um unbeabsichtigte Abgänge und ein Auseinanderfallen des Teams zu vermeiden.
Die Nachfolge für Clavien sei nicht öffentlich ausgeschrieben worden. Vorgesehen war eine Direktberufung. Bald wurde bekannt, dass es sich beim neuen Leiter
um José Oberholzer von der Universität Virginia handelt. Er wart dort kürzlich unter ungeklärten Umständen von seinen Leitungsfunktionen entbunden worden.
Am 20. Dezember wurde Clavien vom Chef des Spitalrats, André Zemp, darüber informiert, dass er Ende Januar in Pension geschickt und es zu keiner Verlängerung seiner Amtszeit kommen werde.
Ein Rauschmiss
Der «Tagesanzeiger» schreibt: Aus Sicht Claviens sei das ein Rausschmiss. «Mir ist schriftlich und mündlich zugesichert worden, dass ich noch zwei Jahre bleiben kann, um die von mir ausgearbeitete Führungsstruktur zu implementieren und das Forschungsprojekt der Wyss-Stiftung fortzuführen», wird Clavien zitiert.
«Wegen dieses Projekts habe ich auf einen Wechsel an eine führende Klinik in London verzichtet. Eine geordnete Übergabe hätte für Kontinuität in unserem hoch motivierten Team gesorgt – zugunsten der Patienten.» Was jetzt mit dem Forschungsprojekt passiert, sei ungewiss.
Noch wichtiger für Clavien sei: «Wegen der kurzfristigen Entlassung blieb keine Zeit, meine vielen und langjährigen Patienten zu informieren. Dies macht mich zutiefst traurig.»