Elektronisches Patientendossier: Akzeptanz ist auf Tiefststand

Kosten, Probleme, kaum Nutzen. Der Ärger über das EPD nimmt stetig zu. Nur noch jeder fünfte IT-Leiter im Spital findet es gut – einst waren es 70 Prozent.

, 28. April 2023 um 14:51
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Schlagzeilen zu Datenschutzvorfällen, Probleme mit dem elektronischen Patientendossier (EPD), Ungereimtheiten bei IT-Beschaffungen im Bundesamt für Gesundheit (BAG), Sicherheitsbedenken im Spitalumfeld: Der Gesundheitsbereich ist ein Sorgenkind der Digitalisierfreundinnen und Informatikfreunde der Schweiz. Die hiesige Bevölkerung lässt sich davon aber offenbar nicht abschrecken. Das will der neuste «E-Health-Barometer» aufzeigen.
Das Potenzial von E-Health werde nach wie vor erkannt, heisst es dort, selbst die langjährige Grossbaustelle EPD hat demnach noch keinen Baurekurs nach sich gezogen. Eine Mehrheit von 57 Prozent der Schweizer Bevölkerung findet das elektronische Patientendossier eine gute Sache. Das wichtigste Argument dafür: Daten wären im Notfall sofort verfügbar. Nur 11 Prozent finden das digitale Dossier eine «sehr schlechte Sache», wie der Bericht zeigt. 39 Prozent der Befragten würden selbständig eines eröffnen. Vor allem, wenn dies beim Hausarzt oder bei der Hausärztin möglich wäre.
Man muss die Befunde allerdings stark relativieren. Von den Befragten wussten nur etwas mehr als ein Viertel überhaupt vom elektronischen Patientendossier. Das war mal anders: 2021 hatte der Anteil fast die 60-Prozent-Marke geknackt. Auch die positive Einschätzung lag damals bei 75 Prozent, über die Hälfte konnte sich die selbständige Eröffnung eines EPD vorstellen. Die Entwicklung kann angesichts der Pannen und Pleiten nicht erstaunen. Die Kommunikationsagentur Farner soll das ändern, sie hat im letzten Herbst einen 6-Millionen-Auftrag für eine Kampagne erhalten. In der Politik sehen einige andere – nämlich technische – Prioritäten.
«Die Digitalisierung im Gesundheitswesen insgesamt und auch das EPD im Spezifischen findet relativ breite Unterstützung», heisst es in der Mitteilung zum «E-Health-Barometer» unbeirrt. Immer mehr Fachpersonen im Gesundheitswesen würden das EPD nutzen. Dazu muss man aber anmerken, dass für bestimmte Bereiche wie die Spitäler ein Obligatorium besteht, das noch ausgedehnt werden soll. Und an Kritik mangelt es nicht: Mehraufwand, Mehrkosten, wenig Zusatznutzen, lautet der Tenor in den Gesundheitseinrichtungen.
Die positive Einstellung gegenüber dem EPD ist bei Fachpersonen seit Jahren rückläufig. Sie hat einen neuen Tiefstwert erreicht. Nur noch bei der Spitex und in der Ärzteschaft findet eine knappe Mehrheit das Dossier gut. In den IT-Abteilungen von Spitälern und Altersheimen ärgert man sich besonders stark über das EPD. Hielten 2018 noch über 70 Prozent der IT-Verantwortlichen dort das EPD für eine gute Sache, ist die Zustimmung auf bloss noch 20 Prozent eingebrochen.
Viel Aufwand, wenig Nutzen: Ist das bald anders?
Damit es überhaupt vernünftig eingesetzt werden kann, muss das EPD über Schnittstellen in die IT-Systeme der Fachpersonen integriert werden können. Fast zwei Drittel der Fachpersonen sehen hier Verbesserungsbedarf. Dem Aufwand, der damit verbunden ist, steht bislang nur ein geringer Nutzen gegenüber.
Laut E-Health Suisse sollen aber noch dieses Jahr weitere Funktionalitäten wie der Impfausweis integriert werden – die ersten strukturierten und dynamischen Daten. Das ist eine gute Wahl: Hinter Angaben zu Kontaktpersonen und Allergien fanden die Umfrageteilnehmenden Impfungen eine wichtige Information. Drei Viertel der Patienten und Patientinnen wären bereit, diese im EPD zu hinterlegen.
Ob das den Durchbruch bringen wird, ist aber fraglich. Die Mitteilung zum «E-Health-Barometer» klingt dann auch wie ein verzweifelter Appell: Man erkenne in der Bevölkerung und beim Personal die Möglichkeiten des EPD. «Jetzt gilt es, dieses Potenzial – trotz aktuellem Leidensdruck – auszuschöpfen.» Bundesbern hat indes längst den Weg der «sanften» Verpflichtung eingeschlagen.
Für das «Swiss eHealth Barometer» wurden knapp 1'800 Gesundheitsfachpersonen und rund 1'900 Personen der Schweizer Bevölkerung befragt. Die Studie wurde von Gfs Bern im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) durchgeführt. Die Resultate der Bevölkerungsbefragung und der Fachleutebefragung kann von der Website des E-Healthforums heruntergeladen werden.
  • Dieser Beitrag ist zuerst auf dem IT-Nachrichtenportal «Inside IT» erschienen.
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  • gesundheitspolitik
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