Die Gesundheit kommt uns immer teurer. Und weil die Gesellschaft immer älter wird, verschärft sich die Lage noch.
So lautet die gängige Meinung. Kaum jemand bestreitet sie.
Im Rückblick stimmt das Bild ja auch: Nimmt man die Gesundheitsausgaben und stellt sie ins Verhältnis zur Gesamtwirtschaft, so wird der Anteil immer grösser. Ums Jahr 2000 flossen in Schweiz etwa 9 Prozent in die Gesundheit – dieses Jahr werden es über 11 Prozent sein. Die Krankenkassen-Prämien sind das Detail, an dem wir alle es merken.
Doch eine wichtige Frage lautet: Muss es wirklich immer so weiter gehen?
Die Konjunkturforschungsstelle der ETH hat im Herbst 2023 ihre Prognose der Gesundheitskosten veröffentlicht. Die Erwartung dort lautet: Das Verhältnis der Gesundheitsausgaben zum BIP wird sich 2024 und 2025 etwa beim Wert von 11,5 Prozent einpendeln.
In den letzten zwei Jahren kam es zwar nochmals zu einem deutlichen Anstieg, aber dies dürfte ein Ausreisser gewesen sein – die Erschütterungen der Covid-Pandemie.
Eine ähnliche Tendenz zeigt sich in allen Industrieländern: Ohne die Corona-Blase ist die Kurve seit etwa 2016 relativ flach.
Oder anders: Real werden uns die Leistungen des Gesundheitswesens in den nächsten Jahren kaum teurer kommen. Von einer «Explosion» kann keine Rede sein – sofern man die Gesundheitskosten eben nicht in absoluten Zahlen misst, sondern als Anteil der Gesamtwirtschaft. Doch wie kommt das?
«Technologische und wissenschaftliche Fortschritte haben heute vermehrt eine präventive Wirkung.»
Erstens haben es Politik, Versicherer und auch die Nutzer geschafft, genügend Gegendruck aufzubauen – damit konnte auch die «Kosteninflation» bei Gütern des Gesundheitswesens gedämpft werden. Ein Schweizer Beispiel findet sich in den periodischen
Kontrollen der Medikamentenpreise sowie beim wachsenden Anteil der Generika.
Eine zweite These äusserte jüngst der «Economist». Sie lautet: Vorbei sind die Zeiten, wo der technologische Fortschritt das Gesundheitswesen automatisch teurer gemacht hat. Dialysemaschinen und Da-Vinci-Roboter hatten nicht bloss eine segensreiche Wirkung – sondern auch den Nebeneffekt, dass mehr Menschen länger in intensiver Behandlung lebten. Dies könnte und dürfte nun ändern (so die These): Technologische und wissenschaftliche Fortschritte haben heute vermehrt eine präventive Wirkung – statt dass sie «nur» Leben verlängern.
Ein Beispiel bietet die verstärkte Verwendung von Aspirin – ein günstiges Mittel, welches oft vor schweren kardiovaskulären Problemen bewahrt. Dies ist eher neue, aber sehr effiziente Einsicht.
Drittens besteht durchaus Hoffnung, dass sich die Effizienz und Produktivität im Gesundheitswesen noch kräftig steigern lässt. Natürlich lässt sich im Pflegealltag und bei der ärztlichen Betreuung nur wenig durch Maschinen oder Roboter ersetzen. Aber klar ist auch, dass – beispielsweise – die Digitalisierung bei der Administration oder KI in der Diagnostik noch viel Potential bergen.
Mehr Kostenbewusstsein, mehr Effizienz: Die allgemeine Entwicklung hat aber auch eine Kehrseite. Dies führt zum vierten Punkt.
Ein anderes Beispiel: Die
Löhne in der Pflege sind in den Jahren seit 2007 weniger gestiegen als die helvetischen Durchschnittslöhne. Und dies trotz eklatantem Personalmangel. Das ist streng ökonomisch gesehen eher unlogisch.
Aber es ist eben auch ein Zeichen dafür, dass der Plafond bei den Gesundheitskosten definitiv erreicht sein könnte.