Interprofessionelles Tumorboard der Lindenhofgruppe

Operation, Bestrahlung, Chemotherapie oder eine Kombi davon? Am Tumorboard besprechen Fachpersonen verschiedener Professionen, welche Therapie bei einer Krebserkrankung angezeigt ist.

, 30. September 2024 um 07:20
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In wenigen Worten: Was ist ein Tumorboard?
Christa Baumann: Am Tumorboard besprechen Spezialistinnen und Spezialisten die Krebssituation von Patientinnen und Patienten – ohne dass Letztere dabei sind. Jeder Fall wird aus unterschiedlichen Perspektiven reflektiert, um die beste Therapieempfehlung zu finden.
Jede Krebserkrankung hat ihre individuelle Ausprägung. Bedeutet das, dass je nach Krebsart unterschiedliche Fachdisziplinen an «Board» sind?
Sabine Bühler: Ja. Immer dabei sind Ärztinnen und Ärzte der jeweiligen Fachdisziplin. Ebenso eine Onkologin bzw. ein Onkologe und ein Radio-Onkologe bzw. Radio-Onkologin, weil wir die Spezialistinnen und Spezialisten für Krebs sind. Meist ist auch eine Pflegefachperson mit Zusatzausbildung dabei, eine Onco Care Nurse. Hinzu kommen je nach Krebsfall andere Fachpersonen.
Haben die verschiedenen Disziplinen spezifische Rollen?
Baumann: Alle bringen ihre Expertise ein. Ich nenne einige Beispiele: Der Radiologe erläutert die Röntgenbilder, die Chirurgin operative Möglichkeiten, die Pathologin die Charaktereigenschaften des Tumors, der Strahlenarzt die Bestrahlungsmöglichkeiten, die Onkologin die denkbaren medikamentösen Therapien.
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Dr. med. Christa Baumann
Wie viele Tumorboards gibt es in der Lindenhofgruppe?
Ruth Gräter: Acht. Jedes Tumorboard befasst sich mit einer spezifischen Krebsart. An den Meetings nehmen bis zu zwanzig Personen teil, meist werden mehrere Fälle besprochen.
Nehmen Sie uns mit in eine Fallbesprechung: Wie läuft sie ab?
Bühler: Die behandelnde Ärztin stellt die onkologische, die medizinische und die menschliche Situation des Patienten vor und formuliert die Fragen, die im Gremium besprochen werden sollen. Dann werden Fakten gesammelt: Röntgenbilder vorgestellt und diskutiert, Pathologieresultate erläutert usw. Schliesslich erörtern wir – basierend auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen – die Therapiemöglichkeiten und einigen uns auf einen Vorschlag. Zu jedem Fall gibt es ein Beschlussprotokoll.
Dr. med. Ruth Gräter, Fachärztin Radio-Onkologie_Strahlentherapie und Dr. med. Christa Baumann und Dr. med. Sabine Bühler – beide Fachärztin Allgemeine Innere Medizin und Medizinische Onkologie - erklären, wie das Tumorboard funktioniert.
Wie entscheiden Sie, welches Behandlungskonzept das wirksamste ist?
Baumann: Wir sind ein Expertengremium, das sich permanent weiterbildet. Unsere Empfehlungen sind evidenzbasiert und orientieren sich an internationalen Richtlinien und Standards. Entscheidend ist, dass wir die richtige Beurteilung machen. Deshalb müssen am Tumorboard die richtigen Fragen gestellt werden. Das bedingt, dass die fallführende Person die Vorstellung des Patienten bzw. der Patientin gut vorbereitet.
Sind Sie sich bezüglich Therapievorschlag immer einig?
Gräter: In 90 Prozent aller Fälle. Aber manchmal ist die medizinische Sachlage nicht eindeutig, sodass mehrere Ansätze gleichwertig scheinen. Dann geben wir zwei Vorschläge ab. Oder wir verlangen, dass vor der Beschlussfassung weitere Abklärungen getroffen werden.
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Dr. med. Ruth Graeter
Profitieren alle Krebspatientinnen und -patienten vom Tumorboard?
Gräter: Ja, jede Patientin, jeder Patient mit einer Krebserkrankung wird aus unterschiedlicher fachlicher Perspektive beleuchtet und reflektiert. Die Tumorboards ermöglichen eine fundierte Analyse und stellen sicher, dass keine relevante Frage ausser Acht gelassen wird. Kurz: Die Tumorboards erhöhen die Sicherheit für die Patientinnen und Patienten und stärken das Vertrauen in unsere Therapieempfehlungen.
Wie stellen Sie sicher, dass die Betroffenen die Empfehlung des Tumorboards verstehen – also gut informiert die für sie richtige Entscheidung treffen können?
Gräter: Die Information der Patientin, des Patienten ist immer Sache der fallführenden Ärztin bzw. des fallführenden Arztes. Das dürfen wir nicht delegieren. Dabei sollten wir immer im Auge behalten: Vor uns sitzt ein Mensch, kein Tumor. Unsere Unterstützung ist dann am wirksamsten, wenn die Selbstwirksamkeit der Betroffenen zum Tragen kommt.
Baumann: Ich lege die Diskussionen des Tumorboards transparent offen. Die Patientinnen und Patienten sollen wissen, dass wir ihren Fall umfassend, vielleicht auch kontrovers erörtert haben. Ich übersetze die Inhalte in eine verständliche Sprache. Das schafft Vertrauen. Wir müssen auch Ängste auffangen – dabei ist Schweigen und Zuhören zentraler als Reden.
Bühler: Wichtig ist, den Menschen abzuholen. Wo steht er im Moment? Was beschäftigt ihn? Danach kann ich offen und transparent über die Diskussion im Tumorboard informieren.
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Dr. med. Sabine Bühler
An wen sollen sich Krebspatientinnen und -patienten bei Fragen und Unsicherheiten wenden?
Baumann: Erste Anlaufstelle ist die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt, je nach Frage können es auch weitere Spezialistinnen und Spezialisten wie Onco Care Nurses sein – oder sogar die Coiffeuse bzw. der Coiffeur, wenn es um einen möglichen Haarausfall geht.
Was ist Ihr wichtigster Grundsatz in der Behandlung von Krebspatientinnen und -patienten?
Gräter: Ich möchte die Patientinnen und Patienten fachlich so umfassend wie möglich informieren und sie auf menschlicher Ebene gut begleiten, sodass alle den für sie besten Therapieentscheid fällen können.
Baumann: Ich möchte Medizin und Mensch zusammenbringen. Das bedeutet: fachlich kompetent beraten und gleichzeitig den betroffenen Menschen mit seinem ganzen Wesen ins Zentrum stellen. Mich beeindruckt die Kompetenz unserer Patientinnen und Patienten.
Bühler: Ich versuche, jeden Menschen in seiner Eigenheit und individuellen Situation zu verstehen, um herauszufinden, was er auf seinem Weg braucht und wie ich ihn fachlich und menschlich unterstützen kann. Dabei begleite ich die Patientinnen und Patienten sehr gerne.
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