Der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) ist nicht als jene Branchenorganisation aufgefallen, die sich für die Krankenzusatzversicherer besonders ins Zeug legte. Der SVV ist der Verband der Lebens- und Sachversicherer, so die öffentliche Wahrnehmung. Die Krankenversicherer sind die unterste Kaste.
Ob gewollt oder ungewollt: In den letzten Monaten zeigt der SVV ein neues Gesicht: Medienmitteilungen, Mediengespräche und am Mittwoch auch eine Medienkonferenz immer zum Thema Spitalzusatzversicherungen folgen in flotter Regemässigkeit.
Hauptproblem: Mangelnde Transparenz
Bekannt ist, dass die Finanzmarktaufsicht (Finma) unter Schützenhilfe des Preisüberwachers und einzelner Medien wiederholt die mangelnde Transparenz und die damit einhergehenden überhöhten Tarife für Zusatzversicherrte kritisierte– Tendenz zunehmend.
«Spitäler konnten Tarife diktieren, weil sie völlig intransparent waren», sagt Thomas Boyer, CEO von Groupe Mutuel,
hier in einem Interview mit Medinside.
Bekannt ist ebenfalls, dass der SVV ein Regelwerk mit elf Grundsätzen erarbeitet und mit den Leistungserbringern abgeglichen hat. Bis Ende 2024 sollen die Grundsätze in allen Tarifverträgen für die Spitalzusatzversicherungen verankert sein. So war es
hier am 17. Juni zu lesen.
Die Rechnung ohne den Arzt
Wenn von Leistungserbringern die Rede ist, so sind vorab Spitäler gemeint. Doch eine Rechnung macht man nicht ohne Wirt. Der Wirt ist hier der Arzt. Genauer: der Belegarzt.
Häufig stellen Belegärzte die Rechnung nicht dem Spital, sondern der Krankenkasse. Und häufig geschieht dies ohne vertragliche Grundlage. «Das Ziel ist klar: keine vertragslosen Zustände», so Thomas Boyer im Interview.
Etwas zurückhaltender formuliert es SVV-Direktor Urs Arbter an der Medienkonferenz in Bern: «Ganz ohne vertragslose Zustände wird man nicht herumkommen - zumindest nicht in der Übergangsphase».
Fünf Mögliche Vertragskonstrukte
Urs Arbter skizziert fünf mögliche Konstrukte, wie die Krankenversicherer mit den Belegärzten verfahren könnten, wobei eigentlich nur die ersten zwei zu befriedigen vermögen:
- Ein Vertrag mit dem Spital
- Rahmenvertrag mit Spital plus Anschlussvertrag mit Belegarzt
- Rahmenvertrag zu dritt mit Verweis auf Zusatzverträge
- Tripartiter Vertrag
- Zwei separate Verträge
Die von der Finma beaufsichtigten Krankenversicherer können noch lange ihre Vorstellungen kundtun, wie die Verträge daherkommen müssen, damit die entsprechenden Mehrleistungen auch klar ersichtlich sind. Für einen Vertrag braucht es immer zwei.
Ein Spital kann nicht dazu gezwungen werden, das von den Krankenversicherern ausgearbeitete Branchen-Framework zu akzeptieren. Das Resultat wäre dann ein vertragsloser Zustand, wie sie wiederholt vorkommen und insbesondere für Krankenversicherer problemisch sind, solange sie mit ihren Produkten die freie Spitalwahl versprechen.
Renitente Ärzte der Romandie
In der Branche ist aber zu hören, dass sich mit Spitälern mehrheitlich reden lasse. Schwieriger sei es mit den Belegärzten - und hier besonders mit jenen der Kantone Genf und Waadt, wie auch der Groupe-Mutuel-Chef Thomas Boyer im Interview bestätigt.
Es wird interessant sein zu beobachten, wie weit sich die Ärzte vertraglich binden lassen oder ob sie weiterhin auf Gutdünken nach ihren eigenen Wertvorstellungen Rechnung stellen. Zu erinnern sei an die Worte von Thomas Boyer: «Wir müssen im Interesse des Systems arbeiten. Wir können nicht mehr akzeptieren, dass ein Arzt eine Leistung in Rechnung stellt, für die es keine vertragliche Grundlage gibt.»
Acht Anforderungen an Tarifmodelle
- Deklaration Mehrleistung gegenüber OKP
- Effektive ärztliche Mehrleistung
- Ausreichende Granularität
- Leistungspakete statt Einzelleistungen
- Unterscheidung halbprivat / privat
- Tatsächlich erbrachte Mehrleistung
- Nachweis ausführender Arzt
- Nachvollziehbare Bewertung