Diese 22 Ereignisse dürften in der Medizin nicht vorkommen

Vergessene Fremdkörper im Patienten, falsch angewendete Medikamente oder verlorene Gewebeproben: Das gibt es – obwohl es nie geschehen dürfte.

, 3. November 2021 um 06:59
image
  • spital
  • pflege
  • patientensicherheit
Fehler bei medizinischen Behandlungen können nie vollständig verhindert werden. Trotzdem gibt es schwerwiegende Ereignisse, welche die Beteiligten mit höchstem Einsatz verhindern müssen. Es sind Vorkommnisse, die den Patienten massiv schaden oder woran sie sogar sterben. «Never Events» heissen solche Vorfälle, die es gar nicht geben dürfte.

22 Vorkommnisse, die sich verhindern lassen

Das deutsche Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) hat soeben eine Liste mit 22 solcher «Never Events» erstellt. Es sind alles Ereignisse, die mit geeigneten Sicherheitsbarrieren systematisch verhindert werden können und verhindert werden müssen.

Bei Operationen

1. Operationen am falschen Patienten oder an der falschen Stelle des Körpers.
2. Unbeabsichtigtes Belassen eines Fremdkörpers im Patienten während einer Operation.
3. Künstliche Befruchtung mit falscher Samen- oder Ei-Zelle.
4. Unentdeckte Intubation der Speiseröhre.
Arzneimittel, Transfusionen und Transplantationen
5. Fehlanwendung eines Medikamentes auf eine der folgenden Arten: Intrathekale Gabe eines intravenös anzuwendenden Chemotherapeutikums, parenterale Gabe eines enteral zu verabreichenden Medikaments, intravenöse Gabe eines epidural zu verabreichenden Medikaments, intraarterielle Gabe eines intravenös zu applizierenden Medikaments.
6. Irrtümliche intravenöse Gabe einer hochkonzentrierten Kaliumchloridlösung anstelle der verordneten Medikation.
7. Insulinüberdosis wegen Verabreichung des Insulins über eine Spritze, die keine Insulin-spezifische Markierung enthält oder weil das Insulin aus einem Insulin-Pen abgezogen und über eine Spritze verabreicht wurde.
8. Überdosierung von Methotrexat für die nicht-onkologische Patientenversorgung, zum Beispiel tägliche statt wöchentlicher Gabe.
9. Verwendung eines kontaminierten Arzneimittels oder Biologikums, dessen Kontamination in der Gesundheitseinrichtung erfolgt ist
10. Fehltransfusion eines ABO-inkompatiblen Blutproduktes. Transplantation unter Verwendung ABO-inkompatibler Organe, Gewebe, Gewebezubereitungen oder Zellen – sofern die Inkompatibilität klinisch relevant ist.

Bei Behandlungen

11. Beschickung einer Naso- oder Orogastralsonde, deren Fehllage nicht ausgeschlossen wurde.
12. Luftembolie im Rahmen der Behandlung.
13. Verbrennung oder Verbrühung, die im Behandlungs- oder Pflegeprozess entsteht.
14. Unsachgemässe freiheitsentziehende Massnahmen im Behandlungs- oder Pflegeprozess.
15. Unangemessene Versorgung mit Sauerstoff eines erkannt sauerstoffpflichtigen Patienten.

Technische oder organisatorische Fehler

16. Unsachgemässer Gebrauch eines Medizinproduktes in der Patientenversorgung aufgrund von Mängeln in Einweisung oder Instandhaltung.
17. Entlassung eines unmündigen, nicht geschäftsfähigen Behandelten ohne angemessene Betreuung.
18. Dauerhafter Verlust einer nicht-wiedergewinnbaren Gewebeprobe.
19. Nicht kommunizierter oder nicht nachbeobachteter Untersuchungsbefund, der behandlungsrelevant gewesen wäre.
20. Anziehen eines magnetisierbaren Objektes in den Magneten eines Kernspintomographen.
21. Patientenversorgung durch Personen, die vortäuschen, dem entsprechenden Gesundheitsfach- oder Heilberuf anzugehören.
22. Stationäre Patienten werden in Behandlungs- und Untersuchungsbereichen vergessen.

Die drei Kriterien für «Never Events»

Das APS ist sich bewusst, dass es ein unerreichbares Ziel bleibt, alle Risiken zu erkennen. «Das belegen auch die immer wieder neu auftretenden Konstellationen in Haftpflichtfällen.» Deshalb hat sich das Bündnis auf gravierende, prinzipiell verhinderbare Patientensicherheitsprobleme konzentriert.
Ausgewählt hat die APS die Ereignisse nach folgenden drei Kriterien:
  • Sie gelten als verhinderbar, wenn Sicherheitsbarrieren einrichtungsspezifisch wirksam eingeführt sind.
  • Sie können zu schwerwiegenden Schäden bis hin zum Tod führen.
  • Sie sind eindeutig identifizierbar.

Schweizer Spitäler erfassen «Never Events» zu wenig konsequent

Bestimmte schwerwiegende Ereignisse, die als weitgehend vermeidbar gelten und bei denen Patienten zu Schaden gekommen sind, werden international als «Never Events» bezeichnet. In der Schweiz befasst sich die Stiftung für Patientensicherheit mit solchen Fällen.
Diese Stiftung führte eine Studie durch, die dokumentiert, wie «Never Events» in Schweizer Akutspitälern erfasst und bearbeitet werden. Das Resultat: In 83 Prozent der Spitäler ist das Konzept der «Never Events» zwar bekannt. Trotzdem werden solche Ereignisse in fast der Hälfte der Spitäler zu wenig gut erfasst.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Jede Notfall-Konsultation kostet 460 Franken

Notfallstationen werden immer öfter besucht. Eine Obsan-Studie bietet neue Zahlen dazu. Zum Beispiel: 777'000 Personen begaben sich dreimal in einem Jahr auf den Spital-Notfall.

image

Zürcher Krankenhäuser und Versicherer haben sich geeinigt

Nun ist ein jahrelanger Streit beendet: Die Zürcher Spitäler vereinbaren mit Helsana, Sanitas und KPT einen Taxpunktwert von 93 Rappen - ein Kompromiss.

image

Mobiles Waschbecken: Game-Changer in der Pflege

Das mobile Waschbecken erlaubt bettlägerigen Personen mehr Selbstständigkeit bei der Körperpflege. Damit fördert es Selbstwertgefühl sowie Wohlbefinden und entlastet zudem das Pflegepersonal. Durch seine smarte Konstruktion erfüllt es höchste Hygienestandards.

image

Balgrist-Team behandelt im Spital Männedorf

Das Spital Männedorf hat eine neue Klinik für Orthopädie und Traumatologie. Das Team kommt vom Balgrist.

image

Solothurner Spitäler: Bericht zu CEO-Lohn bleibt vorerst geheim

Noch ist unklar, ob Zusatzzahlungen an den Ex-Chef der Solothurner Spitäler rechtens waren. Der Bericht dazu ist da - aber nicht öffentlich.

image

Kispi wegen «Riesenfete» kritisiert – doch die Köche arbeiten gratis

Das überschuldete Kinderspital Zürich feiere seinen Neubau mit einem Michelin-Sternkoch, schreibt ein Online-Medium provokativ.

Vom gleichen Autor

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.

image

Kantonsspital Glarus ermuntert Patienten zu 900 Schritten

Von der Physiotherapie «verschrieben»: In Glarus sollen Patienten mindestens 500 Meter pro Tag zurücklegen.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.