Werden die Mahlzeiten für die Patientinnen und Patienten im Spital Wil weiterhin in der lokalen Spitalküche zubereitet? Oder werden diese künftig extern bezogen? Damit befasste sich die Geschäftsleitung der Spitalregion Fürstenland Toggenburg, die mögliche Zukunftsszenarien für eine zeitgemässe, gesunde und abwechslungsreiche Patientenverpflegung geprüft hat.
Dies angesichts der Tatsache, dass die Spitalküche in Wil saniert werden muss und dass die Mahlzeitenproduktion im Spital Wattwil, aus dem nun doch kein Zentrum für Gesundheit, Notfall und spezialisierte Pflege entsteht (
Medinside berichtete), entfällt.
Unispital Basel setzt seit drei Jahren auf das System
Ab September bis Ende Dezember soll nun auf einer Pilotstation des Spitals Wil das Konzept «ProCare» getestet werden, wie aus einem Artikel des «St. Galler Tagblatt» hervorgeht. Dieses wurde vom Universitätsspital Basel (USB) in der betriebseigenen Küche entwickelt – angewendet wird es dort schon seit drei Jahren. Auch andere Spitäler und Gesundheitseinrichtungen sollen die vorgekochten Mahlzeiten aus der Basler Spitalküche beziehen können.
Gekocht werde in Basel und regeneriert – was so viel bedeutet wie auffrischen, neu beleben – werde vor Ort, schreibt das «St. Galler Tagblatt». Wie also muss man sich dieses Angebot vorstellen?
Die Patienten müssten ihr Menü nicht mehr einen Tag im Voraus auswählen, sondern könnten essen, wann sie Appetit haben. Die Menüs werden in der Grossküche in Basel vorproduziert. Danach werden diese ausgeliefert und am Verbrauchsort gekühlt gelagert – erhitzt werden sie erst bei Bedarf. Ein spezielles Konservierungssystem – «MicroPast» – soll dafür sorgen, dass dies schonend geschieht:
Das System vereint Mikrowellenenergie und Dampfdruckverfahren zu einer Pasteurisationsmethode. Dabei wird mit der Mikrowelle als Energiequelle sowie einer druck- und hitzebeständigen Verpackung aus thermoplastischem Kunststoff gearbeitet. Die Speisen werden in rohem Zustand in die Trays gefüllt. Danach werden die Kunststoffbehälter mit einer Folie, die eine genormte Dampfdrucköffnung hat, versiegelt. Die befüllten Trays kommen nun in den Gar- und Pasteurisationstunnel. Die Lebensmittel werden dort gleichmässig erhitzt und innerhalb kurzer Zeit gegart, was eine «einwandfreie» Pasteurisation garantieren soll. Die Kerntemperatur der Lebensmittel schwankt – je nach gewünschter Haltbarkeitsdauer – zwischen 85 und 95 Grad Celsius. In der Verpackung wird eine Dampfdruckatmosphäre erzeugt, die sogar bis zu 120 Grad Celsius heiss werden kann.
Mithilfe der Mikrowellen werden die Wassermoleküle in den Lebensmitteln erhitzt. Dabei tritt Wasserdampf aus und Überdruck entsteht. Der Druck und somit auch die Temperatur werden durch die Dampfdrucköffnung in der Folie gesteuert, was verhindert, dass die Lebensmittelzellen platzen, austrocknen und die Struktur zerstört wird. Diese gleichmässige und kurze Prozedur ermöglicht es, Zutaten mit unterschiedlichen Garzeiten in einem Schritt zusammen zu verarbeiten.
Üblicherweise werden die Speisen in Spitälern in Isoliergeschirr auf Wärmewagen in die Patientenzimmer transportiert, damit das Essen noch heiss ist, wenn es beim Patienten ankommt. Teilweise vergehen aber bis zu zwei Stunden, bis das Essen beim Patienten ankommt. Das kann dazu führen, dass der Gehalt an Nährstoffen sinkt. Gemäss des USB haben eigene Untersuchungen zum neuen Essenskonzept ergeben, dass auf die neue Weise konservierte und unmittelbar vor dem Verzehr regenerierte Mahlzeiten, auch vier Wochen nachdem sie zubereitet worden sind, noch bessere Nährstoffwerte aufweisen als herkömmlich zubereitetes Essen.
Doch nicht so umweltfreundlich
Würde die neue Patientengastronomie definitiv im Spital Wil eingeführt werden, brächte das nicht nur Vorteile mit sich. Es käme zwar zu weniger Food-Waste, weil nicht mehr wie bisher auf Vorrat produziert werden müsste, aber: Wenn die Mahlzeiten extern zubereitet würden, hätte dies personelle Konsequenzen für die lokale Spitalküche. Spezielle Diäten, kalte Gerichte, die Personalverpflegung und auch die Speisen für das öffentliche Restaurant würden allerdings weiterhin in der Spitalküche zubereitet werden. Finanziell würde sich der Systemwechsel kaum direkt auswirken, sagte die Leiterin Kommunikation der Spitalregion Fürstenland Toggenburg, Barbara Anderegg, gegenüber dem «St. Galler Tagblatt». Die höheren Materialkosten glichen die Reduktion der Personalkosten wohl etwa aus.
Ökologische Nachteile bestehen darin, dass die Speisen, die in einem thermoplastischen Kunststoff verpackt sind (siehe Kasten), mit Kühltransportern aus Basel angeliefert werden müssten. Kommt hinzu: Es sind eben nicht Wiler, sondern Basler Kartoffeln, die verarbeitet werden – die Regionalität geht verloren.
Ob das Spital Wil seine Patientengastronomie auslagert, wird sich zeigen: Der Pilotversuch wird im Januar ausgewertet.