«Wahrscheinlich krebserregend»: Die WHO warnt vor Talk

Das vielfach verwendete Pulver ist nun auf der zweithöchsten Gewissheits-Stufe, dass ein Stoff Krebs verursacht.

, 25. Juli 2024 um 22:45
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Oft mit Talk: Kosmetika wie Wangenrouge, Eyeliner, Gesichtspuder, Masken, Mascara  |  Symbolbild: Tom Swinnen on Unsplash
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Talk als «wahrscheinlich krebserregend» für den Menschen eingestuft, nachdem der Stoff zuvor nur als «womöglich» kanzerogen galt. Damit liegt das in Kosmetik- und Medizin-Produkten oft verwendete Mineral auf der zweithöchsten «Warnstufe» – nach «krebserregend» ohne Adverb.
Dasselbe Urteil traf auch Acrylnitril, eine Komponente, die für Klebstoffe, Antioxidantien, Emulgatoren und Lösungsmittel benutzt wird.
Hinter dem Entscheid steht ein Gremium von 29 Wissenschaftlern aus 13 Staaten, die in Lyon die Wissenslage geprüft hatten und nun ihre Ergebnisse veröffentlichten.
  • Leslie T. Stayner, Tania Carreón-Valencia, Paul A. Demers, Jason M. Fritz, Malcolm R. Sim, Patricia Stewart et al.: «Carcinogenicity of talc and acrylonitrile», in: «The Lancet Oncology», Juli 2024.
  • doi.org/10.1016/S1470-2045(24)00384-X
Weitere Einzelheiten zu den Ergebnissen würden im Jahr 2025 veröffentlicht, teilt die WHO mit.
Zur Neueinschätzung des Talkum – das als Babypuder und als Trockenschmiermittel im Sport allgemein bekannt ist – trugen drei Einsichten bei:
  • Erstens gebe es inzwischen begrenzte Beweise, dass der Stoff Eierstockkrebs verursachen kann, zumal wenn es Frauen im Genitalbereich nutzen (allerdings konnten die Forscher keinen direkten Kausalzusammenhang herstellen).
  • Zweitens gebe es ausreichende Beweise für Talk als Krebsursache bei Versuchstieren.
  • Drittens gebe es starke mechanistischen Hinweise, «dass Talk wichtige Eigenschaften von Karzinogenen in menschlichen Primärzellen und experimentellen Zellen aufweist», so das Verdikt.
Die WHO hat eine detailliertere Publikation ihrer Erkenntnisse fürs kommende Jahr 2025 angekündigt.
In den USA läuft ein Sammelprozess gegen den Pharma- und Konsumgüter-Konzern Johnson & Johnson. Darin fordern Anwälte für insgesamt 54’000 Patientinnen eine Entschädigung – wegen des Verdachts, dass das bekannte Talk-Babypulver des US-Konzerns bei ihnen Krebs ausgelöst habe. Derzeit liegt ein Vergleichsvorschlag auf dem Tisch, laut dem J&J knapp 6,5 Milliarden Dollar bezahlen würde.
Für weitere Forschungs-Informationen besuchen Sie gern auch «med-report».

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