Im Klinikum Fürth sind sie zufrieden. Das Akutspital
führte im November als erstes deutsches Krankenhaus die 4-Tage-Woche im OP-Bereich ein. Jetzt, ein halbes Jahr später, zog die Leitung Bilanz. Und diese fällt positiv aus. Etwa jeder fünfte Mitarbeiter nahm das Angebot an, so der Befund. Davon wiederum will nun die Mehrheit die 4-Tage-Woche beibehalten.
Das Prinzip lautet dabei: Die Arbeitszeit wird nicht gekürzt, sondern sie wird auf 4 statt 5 Tage sowie auf längere Schichten verteilt. So ist es in Fürth, wo jährlich rund 42'000 Patienten stationär behandelt werden; und so ist es in den meisten anderen Pilotprojekten, die derzeit in Deutschland laufen.
In Fürth sei das Interesse am 4-Tage-Angebot seit dem Teststart im November noch gestiegen, berichtete Christoph Raspé, Chefarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin,
dem «Bayrischen Rundfunk». Das Spital hat deshalb beschlossen, das Projekt zu entfristen und dauerhaft anzubieten.
Ganz selbstverständlich ist das nicht. Tests mit der 4-Tage-Woche laufen derzeit an diversen Spitälern – so dass man langsam beginnen kann, ein allgemeineres Bild zu zeichnen. Und das hat durchaus auch seine trüberen Ecken.
Flexibel gegen Fachkräftemangel?
So startete das Bethanien-Krankenhaus in Moers (mit rund 23'000 stationären Patienten) im Sommer 2023 ebenfalls solch ein Pilotprojekt. Erst in der Palliativ-Station, dann im ganzen Haus konnte das Pflegepersonal auf Wunsch nur an 4 statt an 5 Tagen arbeiten – dafür 10 statt 8 Stunden.
In den
Ankündigungen dazu deuteten die Spitalmanager in Moers an, dass mit der neuen Flexibilität auch der Fachkräftemangel gelindert werden soll.
Doch recht schnell zeigte sich, dass die Idee besser war als die Realität.
Viele testeten das Angebot und liessen es dann doch wieder bleiben. Bald meldeten die Beteiligten mehr Erschöpfung und Schwierigkeiten im Privatleben. Die Pilot- und Palliativstation ging bereits nach sechs Wochen zu den alten Dienstzeiten zurück – auf Wunsch des Teams, wie der stellvertretende Pflegedirektor Andre Filipiak Ende August
im Fachorgan «Bibliomed Pflege» verriet.
Doch das allgemeine Angebot im ganzen Haus blieb bestehen: Wer ein «10-Stünder» sein will, der kann es sein.
Die Euphorie klang ab
Anfang März ging dann ein TV-Team des WDR der 4-Tage-Woche in Moers erneut nach. Und diesmal stiess es definitiv auf viel Ernüchterung: «Am Anfang war die Stimmung euphorisch, doch nach einem Dreivierteljahr machen noch drei bis vier Prozent der Vollzeit-Pflegekräfte mit»,
so der Text. Kurz: Die 4-Tage-Woche blieb hier ein Randphänomen.
Auch nicht sonnenklar war das Fazit im Klinikum Siegen (rund 21'500 stationäre Patienten); es begann im Oktober 2023 einen «4-Tage-Woche-Test» in der Pflege – ebenfalls als eines der ersten Krankenhäuser in Deutschland. Auch da wurde das Vollzeit-Pensum (38,5 Stunden pro Woche) auf vier Tage verteilt; zugleich konnte der Dienstbeginn flexibel variiert werden.
Soeben wurde das
Ergebnis bekannt gegeben: «Die Evaluation hat gezeigt, dass die 4-Tage-Woche von unseren Mitarbeitenden sehr unterschiedlich wahrgenommen wird», sagt die Referentin für Personalentwicklung, Carolin Irle: «Von insgesamt 14 Mitarbeitenden haben sich fünf Personen, davon drei auf der Station 34 (neurologische Station) und zwei in der Funktionsabteilung Anästhesie, dafür entschieden, die 4-Tage-Woche fortzuführen», so Irle. «Die restlichen neun Mitarbeitenden kehren wieder in ihr vorheriges Zeitmodell zurück.»
Variante, aber nicht verpflichtend
Und folglich bleibt die 4-Tage-Woche im Klinikum Siegen als Arbeitszeitmodell in der Pflege weiterhin als Variante; auch die Vollzeit-Angestellten anderer Abteilungen können das Arbeitszeitmodell künftig für sich testen. Verpflichtend wird das neue Modell jedoch nicht sein.
Vorteile sahen die Testeams unter anderem darin, dass sie mehr Freizeit am Stück und somit längere Erholungszeiten hatten; auch dass die längere Arbeitszeit pro Tag am Ende mehr Zeit für die Patienten bedeutete. Obendrein blieb nun mehr Zeit für die Pflegedokumentation am Nachmittag übrig. Als weniger gut wurden hingegen die langen Arbeitstage wahrgenommen.
Kurz: Am Ende spielten viele individuelle Faktoren hinein – ob auf den Stationen oder im Privatleben. Daher entschied sich die Spitalleitung in Siegen für die möglichst individuelle Lösung:
«Wir möchten jedem Mitarbeitenden in der Pflege auf jeder Station die Möglichkeit geben, sich individuell zu überlegen, ob die 4-Tage Woche etwas für ihn sein könnte», so Pflegedirektor Armin Heck.
4 statt 5 Tage? Pro und Contra.
Vorteile:
- Mehr Freizeit am Stück, längere Erholungzeiten.
- Weniger Zeit geht mit Arbeitwegen verloren.
- Ermöglicht Überlappungen, was die Patientenbetreuung eher begünstigt.
- Innerhalb der Schicht bleibt mehr Zeit für Dokumentation zur Verfügung.
- Pünktlicher(er) Abschluss: Bei den Pilotprojekten zeigte sich, dass in der Regel weniger Überstunden nötig wurden.
Nachteile:
- Lange Arbeitszeiten, mehr Erschöpfung.
- Gewisse Arbeiten und Aufgaben des Privatlebens werden ihrerseits vernachlässigt.
- Komplexere Dienstplanung.
- Die Hoffnung, dadurch mehr Bewerber zu gewinnen, erfüllte sich kaum.
Relativ früh und schnell war Klinikum Bielefeld (ca. 50’000 Patienten stationär): Es startete schon im Juli 2023 mit dem Versuch einer Vier-Tage-Woche für Pflegekräfte auf der geriatrischen Station sowie auf der unfallchirurgischen Station. Die Pilotphase war bis Ende Dezember 2023 angesetzt – doch schon zwei Wochen vor Ablauf
beschloss die Klinikleitung, dass das Modell ab sofort und auch auf anderen Stationen eingesetzt werden kann.
«Eines unserer Ziele ist es, mit innovativen, flexiblen Dienstmodellen neue Mitarbeitende zu gewinnen, um die Belegschaft der Stationen weiter zu stärken», erklärte der Geschäftsführer des Klinikums Bielefeld, Michael Ackermann, dazu.
In der Pilotphase zeigte sich, dass die längeren Überlappungszeiten beider Schichten zu einer Verbesserung der Patientenversorgung führten. Eine klare Verbesserung habe sich auch bei der zeitintensiven Dokumentation gezeigt. Aus den Rückmeldungen der Projektteilnehmern liess sich zudem schliessen, dass die höhere tägliche Stundenzahl zwar gewöhnungsbedürftig war, die dadurch entstehenden freien Tage jedoch positiv wahrgenommen werden. Auch wurden die Schichten im Vier-Tage-Arbeitswochenmodell pünktlicher beendet – es kommt also zu weniger Überstunden.
Auf der anderen Seite erwies sich die Umstellung vom Arbeitsmodell mit (in Bielefeld) 7,33-Stunden-Diensten als herausfordernd. Ebenso die Umstrukturierung eines eingespielten Tages- und Wochenablaufes.
Beitrag des Bayrischen Rundfunks über die Erfahrungen mit der 4-Tage-Woche am Klinikum Fürth, 23. Mai 2024.