Arzneimittel-Rezepte als Screenshot auf dem Handy, ausgedruckte Kopien oder Faxe: Solche schnellen Übermittlungen werden zwar immer beliebter – aber diese Rezepte sind oft ungültig. Denn in der Schweiz ist gesetzlich vorgeschrieben: «Wird das Rezept auf Papier ausgestellt, muss es von der Person, die es ausstellt, handschriftlich unterzeichnet werden.»
Oft Ausnahmen
Ist das nicht der Fall, dürfen es Apotheken nicht annehmen. Oder besser gesagt: Sie dürften es eigentlich nicht annehmen. Der Apothekenverband Pharmasuisse versichert zwar auf Anfrage von Medinside: «Kunden, die kein Original-Rezept haben, werden prinzipiell zurückgewiesen.»
Allerdings gibt es in der Praxis oft Ausnahmen: «Es ist vielfach so, dass der Apotheker seine Kunden und ihre Krankheiten gut kennt und weiss, was er abgeben darf und soll. Oder er nimmt telefonisch Rücksprache mit dem Arzt.»
Kein simples PDF erlaubt
Apotheken und Ärzte drängen deshalb schon seit längerer Zeit auf sichere elektronische Rezepte. Es gibt zwei Gründe, warum deren Einführung lange dauert: Erstens müssen die Rezepte fälschungssicher sein und zweitens sollten sich Apotheken und Ärzte auf ein gemeinsames System einigen.
Elektronische Rezepte können nicht einfach als PDF-Dokument per E-Mail übermittelt werden: Denn sie dürfen weder kopierbar noch fälschbar oder mehrfach einlösbar sein.
Telemediziner haben sie schon
Seit wenigen Monaten gibt es Versuche mit solchen E-Rezepten. Die zwei Telemedizin-Anbieter
Online-Doctor und
Soignez-moi in der Westschweiz stellen sie aus.
Für Online-Doctor-Lösung entschieden
Pharmasuisse und FMH sind am Projekt von Online-Doctor beteiligt. Die E-Rezept-Lösung des Westschweizer Telemedizin-Anbieters Soignez-moi schliessen sie aus. Es sei nicht kompatibel mit jenem, welches gesamtschweizerisch eingeführt werden soll.
Das E-Rezept von Soignez-moi
Soignez-Moi stellt die E-Rezepte als PDF-Dokument aus. Die Ärztin oder der Arzt signiert es mit einer digitalen Unterschrift. Das PDF-Rezept wird vom Patienten ausgedruckt. Es enthält einen QR-Code, welcher anzeigt, ob und wann das Rezept eingelöst worden ist. Dieser QR-Code ist allerdings nicht kompatibel mit dem QR-Code im Pilotprojekt von Pharmasuisse und FMH.
Die Apotheken, welche die E-Rezepte von Soignez-moi entgegennehmen, brauchen ein anderes Programm zum Entwerten der Rezepte. Pharmasuisse kritisiert an der Lösung von Soignez-moi, dass ein Rezept nur komplett eingelöst werden könne und Teileinlösungen nicht möglich seien. Auch gebe es keine elektronische Identifikation der Person, welche das Rezept einlöst. «Alle, die Zugriff auf das Rezept haben, auch die Patienten, könnten den Einlösestatus des Rezepts ändern», kritisiert der Verband. Deshalb sei das E-Rezept von Soignez-Moi keine sichere nationale Lösung.
Schon Ende dieses Jahres sollen alle Schweizer Apotheken an das «E-Rezept Schweiz»-Projekt angeschlossen sein – sofern sie das wollen. Denn die Teilnahme ist freiwillig. Pharmasuisse will das neue E-Rezept den Mitgliedsapotheken gratis zur Verfügung zu stellen. Nicht-Mitglieder werden das System voraussichtlich gegen eine Pauschalgebühr ebenfalls benutzen können.
Dass die Einführung auf Anhieb gelingt, ist nicht sicher. In Deutschland ist das
E-Rezept bisher ein Flop. Den deutschen Ärzten ist das Ausstellen von elektronischen Rezepten zu unsicher.
Das E-Rezept von Pharmasuisse und FMH
Das nationale E-Rezept, das noch dieses Jahr eingeführt werden soll, sieht folgendermassen aus: Ärzte und Ärztinnen stellen es mithilfe ihrer Praxissoftware aus. Das Rezept können sie den Patienten entweder digital übermitteln oder als Ausdruck mit QR-Code persönlich übergeben. Die Patienten können das E-Rezept auf ihrem Smartphone speichern, es an eine Apotheke weiterleiten oder für sich ausdrucken. So haben sie die Kontrolle über ihre Daten und können das Rezept einlösen, wann und wo sie möchten, auch in einer Apotheke mit Lieferdienst oder bei einer Versandapotheke.
Es werden keine medizinischen Daten zentral gespeichert. In der Apotheke wird der QR-Code vom Smartphone oder vom Papierausdruck eingescannt. So kann die Apotheke prüfen, ob das Rezept gültig ist und kann es dann vollständig oder zum Teil entwerten. «Weil das Abtippen von Rezeptdaten und das Kopieren von Papierrezepten entfallen, werden Fehlerquellen eliminiert und möglicher Missbrauch erschwert», sagt Pharmasuisse gegenüber Medinside.