Es ist eine seltsame Erscheinung im Schweizer Ausbildungswesen: Haben Pflegefachleute einen Fachhochschulabschluss (FH), dürfen sie einen Bachelor-Titel tragen. Haben sie aber an einer Höheren Fachschule (HF) studiert, dürfen sie das nicht.
Selbst die Spitäler sind verwirrt
Sogar viele Personalfachleute in Spitälern scheitern an der Aufgabe, die wichtigsten Unterschiede zwischen Fachhochschulen (FH) und Höheren Fachschulen (HF) zu nennen. Nun könnte aber zumindest beim Bachelor-Titel etwas ändern.
Schon seit Jahren beklagen Politiker und Wirtschaftsleute, dass schweizerische Berufsleute gegenüber der ausländischen Konkurrenz benachteiligt seien, weil sie keinen Bachelor oder Master erhalten, wenn sie sich nach der Lehre weitergebildet haben.
Neu ein «Professional Bachelor» in Pflege
Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) will nun die Titel «Professional Bachelor» und «Professional Master» als Ergänzung einführen. Alle Absolventinnen und Absolventen einer eidgenössischen Berufsprüfung und eines Diploms HF dürften sich dann zusätzlich «Professional Bachelor» nennen. Wer eine eidgenössische höhere Fachprüfung abgelegt hat, soll den «Professional Master» als Titelzusatz bekommen.
Gescheiterter Versuch
Vor ein paar Jahren gab es schon einmal einen Versuch, die Benachteiligung schweizerischer Berufsleute zu beseitigen, indem 2016 der Titel «Advanced Federal Diploma of Higher Education» eingeführt wurde. Doch keiner Pflegefachperson mit HF-Abschluss kam es in den Sinn, diesen Titel zu führen.
Nun sollen die ergänzenden Titel «Professional Bachelor» und «Professional Master» dazu dienen, die Abschlüsse höherer Berufsbildung auch im Ausland verständlich zu machen. Gestritten wird derzeit noch darum, ob es der Haupttitel oder nur ein Zusatz sein soll.
Was kommt zuerst?
Also, ob sich eine Pflegefachfrau künftig «Professional Bachelor in Pflege» nennt und «diplomierte Pflegefachfrau HF» nur ein Zusatz ist, oder ob sie umgekehrt weiterhin eine «diplomierte Pflegefachfrau HF» bleibt und die Bezeichnung «Professional Bachelor in Pflege» nur der Zusatz ist.
Universitäten dagegen
Swissuniversities, die Dachorganisation der Schweizer Hochschulen, ist grundsätzlich gegen die Einführung des «Professional Bachelors». Die Titel Bachelor und Master würden aus dem Hochschulbereich stammen. Würden sie auch für die höhere Berufsbildung eingeführt, würde «eher Verwirrung geschaffen».
FH oder HF? Das sind die Unterschiede
FH (Fachhochschule): Praxisorientierung. Hauptsächlich anwendungsorientierte Theorie. Zugang mit (Berufs-)Matur. Bachelor- und Master-Stufe. Dozierende mehrheitlich aus der Praxis.
HF (Höhere Fachschule): Praxisorientierung. Weniger Theorie. Direkter Zugang ohne (Berufs-)Matur. Diplom-Stufe. Dozierende aus der Praxis.
Während sich die Abkürzung FH langsam etabliert hat, gelten Höhere Fachschulen (HF) immer noch als Mauerblümchen der tertiären Bildung,
beklagte sich 2015 Peter Marbet, der damalige Direktor des Berner Bildungszentrums Pflege. Wegen der unattraktiven Übersetzung des Titels würden HF-Abgängerinnen und HF-Abgänger im Ausland unterschätzt, ihr Abschluss werde häufig mit einem Lehrabschluss verwechselt.
Deshalb brauche der HF-Titel eine attraktive englische Übersetzung, forderte er. Derzeit heisst der Abschluss einer Pflegeausbildung HF auf Englisch «College of Professional Education and Training (PET) Degree in Nursing». Wird die gleiche berufliche Kompetenz an einer FH erlernt, heisst das Diplom «Bachelor of Science in Nursing». Der Titel führe zu ungleich langen Spiessen.