Bekommen HF-Pflegefachleute einen attraktiven Titel?

Diplomierte Pflegefachleute von einer Höheren Fachschule (HF) dürfen keinen Bachelor- oder Master-Titel tragen. Doch bald könnte das ändern.

, 26. April 2023 um 07:14
image
Hier am Berner Bildungszentrum Pflege werden Pflegefachleute HF ausgebildet. | zvg
Es ist eine seltsame Erscheinung im Schweizer Ausbildungswesen: Haben Pflegefachleute einen Fachhochschulabschluss (FH), dürfen sie einen Bachelor-Titel tragen. Haben sie aber an einer Höheren Fachschule (HF) studiert, dürfen sie das nicht.

Selbst die Spitäler sind verwirrt

Sogar viele Personalfachleute in Spitälern scheitern an der Aufgabe, die wichtigsten Unterschiede zwischen Fachhochschulen (FH) und Höheren Fachschulen (HF) zu nennen. Nun könnte aber zumindest beim Bachelor-Titel etwas ändern.
Schon seit Jahren beklagen Politiker und Wirtschaftsleute, dass schweizerische Berufsleute gegenüber der ausländischen Konkurrenz benachteiligt seien, weil sie keinen Bachelor oder Master erhalten, wenn sie sich nach der Lehre weitergebildet haben.

Neu ein «Professional Bachelor» in Pflege

Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) will nun die Titel «Professional Bachelor» und «Professional Master» als Ergänzung einführen. Alle Absolventinnen und Absolventen einer eidgenössischen Berufsprüfung und eines Diploms HF dürften sich dann zusätzlich «Professional Bachelor» nennen. Wer eine eidgenössische höhere Fachprüfung abgelegt hat, soll den «Professional Master» als Titelzusatz bekommen.

Gescheiterter Versuch

Vor ein paar Jahren gab es schon einmal einen Versuch, die Benachteiligung schweizerischer Berufsleute zu beseitigen, indem 2016 der Titel «Advanced Federal Diploma of Higher Education» eingeführt wurde. Doch keiner Pflegefachperson mit HF-Abschluss kam es in den Sinn, diesen Titel zu führen.
Nun sollen die ergänzenden Titel «Professional Bachelor» und «Professional Master» dazu dienen, die Abschlüsse höherer Berufsbildung auch im Ausland verständlich zu machen. Gestritten wird derzeit noch darum, ob es der Haupttitel oder nur ein Zusatz sein soll.

Was kommt zuerst?

Also, ob sich eine Pflegefachfrau künftig «Professional Bachelor in Pflege» nennt und «diplomierte Pflegefachfrau HF» nur ein Zusatz ist, oder ob sie umgekehrt weiterhin eine «diplomierte Pflegefachfrau HF» bleibt und die Bezeichnung «Professional Bachelor in Pflege» nur der Zusatz ist.

Universitäten dagegen

Swissuniversities, die Dachorganisation der Schweizer Hochschulen, ist grundsätzlich gegen die Einführung des «Professional Bachelors». Die Titel Bachelor und Master würden aus dem Hochschulbereich stammen. Würden sie auch für die höhere Berufsbildung eingeführt, würde «eher Verwirrung geschaffen».

FH oder HF? Das sind die Unterschiede

FH (Fachhochschule): Praxisorientierung. Hauptsächlich anwendungsorientierte Theorie. Zugang mit (Berufs-)Matur. Bachelor- und Master-Stufe. Dozierende mehrheitlich aus der Praxis.
HF (Höhere Fachschule): Praxisorientierung. Weniger Theorie. Direkter Zugang ohne (Berufs-)Matur. Diplom-Stufe. Dozierende aus der Praxis.
Während sich die Abkürzung FH langsam etabliert hat, gelten Höhere Fachschulen (HF) immer noch als Mauerblümchen der tertiären Bildung, beklagte sich 2015 Peter Marbet, der damalige Direktor des Berner Bildungszentrums Pflege. Wegen der unattraktiven Übersetzung des Titels würden HF-Abgängerinnen und HF-Abgänger im Ausland unterschätzt, ihr Abschluss werde häufig mit einem Lehrabschluss verwechselt.
Deshalb brauche der HF-Titel eine attraktive englische Übersetzung, forderte er. Derzeit heisst der Abschluss einer Pflegeausbildung HF auf Englisch «College of Professional Education and Training (PET) Degree in Nursing». Wird die gleiche berufliche Kompetenz an einer FH erlernt, heisst das Diplom «Bachelor of Science in Nursing». Der Titel führe zu ungleich langen Spiessen.

  • pflege
  • Berufsbildung Pflege
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Simulieren schafft Bewusstsein für die Pflege-Realität

Diese Zahl alarmiert: 40 Prozent der Pflegefachpersonen steigen in den ersten Berufsjahren aus. Am Swiss Center for Design and Health (SCDH) in Nidau bei Biel/Bienne können Entscheidungsträger:innen vorbeugen, indem sie unter Einbezug der Nutzenden im Massstab 1:1 bedürfnisgerecht planen.

image

Arbeitszeit-Modelle: Erfolgsmeldung aus Bülach

Wer mehr Nachtschichten leistet und flexibel einspringt, wird honoriert: Die Idee des Spitals Bülach rechnet sich offenbar – in mehrerlei Hinsicht.

image

«Wir verzichten auf unnötige Dokumente wie Motivationsschreiben»

Die Spitex Region Schwyz hat so viele Job-Interessierte, dass sie Wartelisten führen muss und darf. Wie schafft man das? Die Antworten von Geschäftsführer Samuel Bissig-Scheiber.

image

Pflegeversicherung in Deutschland steckt tief in roten Zahlen

Nicht nur in der Schweiz sind die steigenden Pflegekosten ein brisantes Thema. In Deutschland muss die Pflegeversicherung gerettet werden.

image

Pflegepersonal aus Frankreich: Genf will sich zurückhalten

Der Kanton vereinbart dem Nachbarland, sich weniger eifrig um Gesundheitspersonal aus der Grenzregion zu bemühen.

image

Pflegeinitiative: Wenn sich die Wirklichkeit nicht an den Plan hält

Auch im Thurgau sollte ein Bonus-Malus-System mehr Pflege-Praktika ermöglichen. Doch es fehlen die Menschen. Und jetzt bringen die Strafzahlungen Spitex- und Heim-Betriebe in Not.

Vom gleichen Autor

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.

image

Pflegefachleute verschreiben so sachkundig wie Ärzte

Das dürfte das Pflegepersonal freuen: Es stellt laut einer US-Studie genauso kompetent Arzneimittel-Rezepte aus wie Ärzte.

image

Temporär-Arbeit in der Pflege: Ein Angebot mit Haken

Es gibt gute Gründe für Pflegefachleute, sich nur noch temporär anstellen zu lassen. Aber es gibt auch ein paar gute Argumente dagegen.