Frankreich: Höhere Tarife gegen Abwanderung von Pflegepersonal

Da immer mehr Pflegefachleute in der Schweiz oder in Luxemburg arbeiten, plant Frankreich eine Antwort – höhere Entschädigungen für Spitäler in Grenzregionen.

, 5. März 2025 um 23:04
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Das Spital in Mont-Saint-Martin, drei Kilometer von der luxemburgischen Grenze entfernt. Es suchte in einem Jahr (2022) 52 Pflegefachleute und 37 Pflegehelfer. | Bild: Stadt Mont-Saint-Martin, PD
Vor dem Hintergrund einer angespannten Personalsituation in den Spitälern ihrer Region setzte die Abgeordnete (Senatorin) von Meurthe-et-Moselle, Véronique Guillotin, eine Gesetzes-Änderung durch: einen besseren Tarif für die Gesundheitseinrichtungen in gewissen Gegenden.
Damit sollen Spitäler im Grenzbereich insbesondere zu Luxemburg und zur Schweiz bessere Löhne bezahlen können. Konkret wird der «geografische Koeffizient» im Entschädigungssystem des französischen Gesundheitssystems erhöht. Die Senatorin Guillotin – eine Allgemeinmedizinerin – erklärte dazu gegenüber «Le Républicain Lorrain»: «In den Grenzgebieten zur Schweiz und zu Luxemburg kann künftig ein Erhöhungsfaktor angesetzt werden». Dies sei ein Instrument, «das die Besonderheit dieser Gebiete berücksichtigt.»
Konkret kann die staatliche Krankenversicherung so die Einnahmen bestimmter Einrichtungen erhöhen, was wiederum die Mehrkosten ausgleicht, der durch die ausländische Konkurrenz erwächst.

Präzisierungen stehen noch aus

Allerdings müssen noch mehrere Punkte im Verordnungsprozess definiert werden:
  • Der genaue Aufschlagssatz? Er könnte zwischen 7 und 34 Prozent liegen.
  • Die förderwürdigen Einrichtungen? Die Politiker denken insbesondere an öffentlichen Krankenhäuser und private gemeinnützige Kliniken.
  • Die genauen geografischen Zonen, die von dieser Aufwertung profitieren.
Im Jahr 2022 wurde eine erste Initiative gestartet, um die Abwanderung von Pflegekräften zu bremsen: Ein System von Ausbildungsprämien sollte die Absolventen dazu bewegen, in französischen Einrichtungen zu bleiben. Doch viel medizinisches Personals wanderte weiterhin ins Ausland ab.

Flucht in die Schweiz

Besonders ausgeprägt ist das Phänomen in der Schweiz, wo sich die Zuwanderung von französischem Pflegepersonal in den letzten Jahren beschleunigt hat.
Zwischen 2008 und 2018 stieg die Zahl der grenzüberschreitenden Pflegekräfte, die im Kanton Waadt arbeiten, um 175 Prozent. Insgesamt hat sich die Zahl der französischen Pflegekräfte, die in der Schweiz arbeiten, innert zehn Jahren fast verdoppelt, wie Daten des Instituts Insee zeigen.
Speziell kritischer ist die Lage in Hochsavoyen, wo:
  • 49 Prozent der dort wohnhaften Pflegefachleute und Hebammen in der Schweiz arbeiten.
  • 27 Prozent der Pflegehelferinnen und -helfer ebenfalls Grenzgänger sind.

Dienste bedroht

Diese Abwanderung von Spital-Talenten führt zu erheblichen Rekrutierungs-Schwierigkeiten für die französischen Einrichtungen. Einige Spitäler haben Schwierigkeiten, ihre Dienste aufrechtzuerhalten, insbesondere in den Grenzgebieten.
Als direkte Folge droht die Schliessung von Abteilungen, zumal von Notaufnahmen, weil nicht genügend Personal zur Verfügung steht.
Während die Frage der medizinischen «Ver-Wüstung» ohnehin ein grosses Thema ist, wird das französische Gesundheitssystem durch die Abwanderung über die Grenze speziell geschwächt.
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