Helsana-Kunden müssen draussen bleiben

In der Romandie gibt es eine neue Facette im Streit um die Notfall-Entschädigungen: Die Vidymed-Gruppe verlangt von gewissen Patienten, sich an die normalen Öffnungszeiten zu halten.

, 4. März 2025 um 03:00
image
Notfallzentrum Vidy in Lausanne | Bild: Vidymed-Gruppe, DR
Die Vidymed-Gruppe, die unter anderem ein Notfallzentrum in Lausanne betreibt, ergreift eine drastische Massnahme gegen die Politik den Versicherers Helsana: Seit diesem Montag nimmt ihr Notfallzentrum ausserhalb der Standard-Sprechstunden keine Versicherten der grössten Schweizer Krankenkasse mehr auf – also abends nach 19 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen.
Es ist dies eine weitere Facette im Dauerstreit, der seit Juli 2024 die Grundversorger und die Kassen beschäftigt – also seit das Bundesgericht die Erhebung von besonderen Zuschlägen für Behandlungen ausserhalb der regulären Sprechstundenzeiten erschwerte.
Patrick Marquis, medizinischer Direktor von Vidymed, erklärte im Gespräch mit dem TV-Sender RTS, dass die Patienten nach der Dringlichkeit ihrer Situation eingereiht werden: Ernsthafte und echte Notfälle würden behandelt – auch wenn es Helsana- Patienten sind. Wenn es der Zustand aber erlaubt, werden diese zur Konsultation während der Öffnungszeiten eingeladen.

100 Franken minus 20 Franken = nichts

Der Streit dreht sich bekanntlich darum, ob Institutionen, die (insbesondere mit angestellten Ärzten) regelmässig Dienste zu Randzeiten anbieten, dafür Notfall-Inkonvenienzen verrechnen dürfen. Das Bundesgericht lehnte dies bekanntlich ab – und Helsana gehört zu den Kassen, die besonders offensiv nun dagegen vorgehen und auch Rückerstattungen verlangen. Laut Vidymed geht der Kasse sogar noch weiter: «Wenn auf einer Rechnung von 100 Franken eine Notfallgebühr von 20 Franken erhoben wird, weigert sich Helsana, die gesamte Rechnung, d. h. die restlichen 80 Franken, zu bezahlen», sagte Patrick Marquis von Vidymed.
Wenn nun Helsana-Versicherte nach Hause geschickt werden, sei dies keine Diskriminierung, sondern eine notwendige Reaktion: «Das Problem liegt nicht auf unserer Seite, sondern auf der Seite des Versicherers», sagte Marquis. Er berichtete auch, dass die Gespräche mit dem Versicherer schwierig waren: «Wir hatten immerhin Kontakt mit dem Helsana-Verwaltungsrat, der die Illegalität dieser Praxis anerkannt hat.»
«Das Risiko besteht darin, dass sie die Notfallsysteme von Krankenhäusern verstopfen, die sich eigentlich anderen Dingen widmen – das heisst, Menschen zu retten, die in Lebensnot sind.» Patrick Marquis, medizinischer Direktor der Vidymed-Gruppe
Patrick Marquis erinnert daran, dass Vidymed und ähnliche Gruppen mehr als ein Drittel der Notfälle im Kanton Waadt betreuen. «Wenn diese Patienten nicht behandelt werden, sind es etwa 36'000 Patienten pro Jahr, die an das CHUV überwiesen werden, und das CHUV kann diesen Patientenstrom derzeit nicht bewältigen», sagte er. Er fügte hinzu: «Das Risiko besteht darin, dass sie die Notfallsysteme von Spitälern überlasten, die für andere Dinge zuständig sind – das heisst, Menschen zu retten, die in Lebensgefahr sind.»
Interview mit Patrick Marquis, medizinischer Direktor der Vidymed-Gruppe, in der Sendung «Forum» von RTS, 27. Februar 2025.

Artikel teilen
  • Share
  • Tweet
  • Linkedin
  • Whatsapp
  • Telegram
Kommentar

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Was ist Ihr Beruf?

Wo arbeiten Sie?*

undefined
undefined

*Diese Angaben sind freiwillig. Sie bleiben im Übrigen anonym.
Warum bitten wir Sie darum? Medinside bietet Ihnen die Informationen und Beiträge kostenlos. Das bedeutet, dass wir auf Werbung angewiesen sind. Umgekehrt bedeutet es idealerweise auch, dass Ihnen auf Medinside möglichst nur Werbung gezeigt wird, die zu Ihnen passt und die Sie interessant finden könnten.
Wenn wir durch solche Erhebungen Angaben über das allgemeine Profil des Medinside-Publikums gewinnen, nützt dies allen: Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, uns und unseren Kunden. Vielen Dank!


Mehr zum Thema

image

Gruppenarztpraxis steht vor dem Aus

Über die Gruppenpraxis MedicalHelp.ch mit Praxen in Aarau, Brig und Zofingen wurde der Konkurs eröffnet. Die Gründe sind unklar.

image

Neuer Leistungsauftrag für die Oberwaid

Die Klinik Oberwaid ist neu auch mit muskuloskelettaler Rehabilitation auf der Spitalliste der Kantone St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. So kann die Oberwaid auch in diesem Fachgebiet grundversicherte Patienten behandeln und leistet einen wichtigen Beitrag in der Region.

image

Kanton Bern: Bundesgericht segnet Ärztestopp ab

Auch Bern darf die Zulassung von Ärzten für bestimmte Fachgebiete begrenzen. Das Bundesgericht wies sämtliche Einwände zurück. «Es hat damit sein Bewenden», so der Schlusssatz des Urteils.

image

Notfallpauschalen: Die Fahndung nach dem Geschäftsmodell

Eine Vereinbarung zwischen FMH und Prio.Swiss sollte die Abrechnung von Notfallpauschalen klären. Der Text liegt nun vor. Er offenbart einen eher diffusen Kompromiss.

image

Notfallpraxis in Not: Der Kanton bezahlt

Der Zuger Regierungsrat zieht Konsequenzen aus dem Bundesgerichtsurteil zu den Notfall-Pauschalen – und subventioniert ein Praxis-Angebot. Notfalls jahrelang.

image

Hausarztmangel: Kanton Bern drängt auf mehr Kompetenzen für Pflegefachleute

Nun will auch die Gesundheitskommission, dass Advanced Practice Nurses mehr Aufgaben von Ärzten übernehmen. Doch dazu braucht es gesetzliche Anpassungen – beim Bund.

Vom gleichen Autor

image

HFR-Sparpläne: Verbände fürchten Vertrauens- und Qualitätsverlust

Aus Sorge ums Personal prangern zwei grosse Organisationen die Effizienz-Massnahmen des Freiburger Spitals an, insbesondere die Schliessung der Inneren Medizin in Riaz.

image

CHUV schafft Hotline gegen sexuelle Belästigung

Eine Fernsehsendung über Missstände im Spitälern hat Folgen: Das Lausanner Unispital startet ein Aktions-Paket gegen Mobbing und sexuelle Belästigung.

image

Bildung und Pädiatrie: Bern beschleunigt seine finanzielle Unterstützung

Der Berner Regierungsrat erhöht die Abgeltungen für Spitalweiterbildung und ambulante Kinderspital-Leistungen.