Kantonsspital St. Gallen: Abgang mit Folgen

Ein offener Brief von ehemaligen Führungskräften der St. Galler Spitalverbunde übt scharfe Kritik am Verwaltungsrat – und fordert personelle Konsequenzen.

, 6. Dezember 2024 um 15:43
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Im September zum neuen «Super-Chef» gekürt, im Dezember entlassen: Stefan Lichtensteiger  |  Bild: PD
Der überraschende Abgang von CEO Stefan Lichtensteiger wirft Wellen. Am Mittwoch gaben die St. Galler Spitalverbunde bekannt, dass der Direktor des Kantonsspitals per sofort ausscheidet. Die Trennung erfolge «im gegenseitigen Einvernehmen», so die Mitteilung.
Dies war umso überraschender, als Lichtensteiger in allen Planungen bislang als CEO der im Januar startenden gemeinsamen Organisation «HOCH Health Ostschweiz» vorgesehen war.
«Es ist unverständlich, dass man drei Monate später die gleiche Person freistellt, ohne triftige Gründe zu kommunizieren», heisst es in einem Schreiben, das heute an die Kantonsregierung und Mitglieder des Kantonsrats ging. Darin melden sich ehemalige Chefärztinnen, Chefärzte und Institutsleiter des Hauses zu Wort – und werfen dem Verwaltungsrat vor, versagt zu haben. Dies meldet das St. Galler «Tagblatt», das Einblick in den offenen Brief hatte.

«Katastrophal kommuniziert»

Man sei «zutiefst besorgt über die aktuellen Entwicklungen am Spital», so die rund zwanzig Unterzeichner. Gemeinsam mit dem Abgang von CNO Barbara Giger-Hauser und CFO René Thurnheer verdeutliche die Trennung von CEO Lichtensteiger «die anhaltende Führungskrise».
«Anstatt diese Herausforderungen durch kluge und nachhaltige Strategien zu adressieren, hat der Verwaltungsrat den Eindruck erweckt, dass die Probleme durch ‹schlechtes Management› verursacht wurden.» Dies sei eine Fehlinterpretation – es seien die schwerwiegenden Eingriffe in die operative Führung gewesen, die den Schaden am Spital nur verstärkt hätten.
Auch sei der vor einem Jahr – im November 2023 – gestartete Personalabbau sei «katastrophal» kommuniziert worden; damit habe der Verwaltungsrat qualifizierte Mitarbeitende vergrault. Überhaupt habe der Verwaltungsrat mehrfach gezeigt, dass er nicht auf Anliegen des Personals eingehe.
Der Brief endet in einer deutlichen Aufforderung: Die Freistellung des CEO löse keine Probleme; es stelle sich «vielmehr die Frage, ob der Verwaltungsrat ausgewechselt werden müsste.»

Nicht öffentlich erörtern

In einer ersten Reaktion erachtet es der Verwaltungsrat als nachvollziehbar, dass der abrupte CEO-Wechsel Fragen aufwirft. Doch der Verwaltungsrat und Stefan Lichtensteiger seien wegen unterschiedlicher Managementauffassungen zum Trennungsentscheid gekommen; und dabei habe man sich auch auf ein Wording geeinigt, «das den Wünschen von Stefan Lichtensteiger entsprach, weshalb – wie in solchen Fällen üblich – die unterschiedlichen Managementauffassungen in der Öffentlichkeit nicht weiter erörtert wurden.»
Der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung werde dazu auch in den kommenden Tagen eine Delegation der Alt-Chefärzte zu einem Austausch einladen.

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