Pflege: Ärger über den 8000-Franken-Vergleich

In der Debatte um die Spitalkrise erwähnte der CEO des Kantonsspitals Baden die Pflegelöhne als Faktor. Das kam nicht gut an.

, 25. April 2024 um 08:57
image
Zweimal Schichtdienst. Kann man also Polizei- mit Pflege-Arbeit vergleichen?  |  Bild: Timeo Buehrer on Unsplash
Darf man den Pflegeberuf mit der Arbeit bei der Polizei oder mit Köchen vergleichen? Das ist offenbar gar nicht so selbstverständlich. Und heikel ist auch die Aussage, dass diplomierte Pflegefachpersonen nahezu 8000 Franken pro Monat verdienen.
Adrian Schmitter, der CEO des Kantonsspitals Baden, hat beides getan – und erntet nun laut Kritik.
Eigentlich geht es lediglich um zwei Sätze von Schmitter: «Eine diplomierte Pflegefachperson mit Berufserfahrung verdient bei uns nahezu 8000 Franken im Monat, wenn man Nacht- und Wochenenddienste berücksichtigt. Das ist viel, wenn Sie das mit anderen Berufsgruppen vergleichen, die auch am Wochenende arbeiten, zum Beispiel Köche oder Polizisten.»
Dies sagte der Spitaldirektor in einem Interview in der «Sonntagszeitung», bei dem es primär um die finanzielle Schieflage vieler Krankenhäuser ging.

Einzigartigkeit der Pflege

Der SBK Aargau-Solothurn veröffentlichte dazu gestern eine Stellungnahme, worin er monierte: «Der Vergleich des Pflegeberufs mit anderen Berufen wie Köchen oder Polizisten ist nicht sachgerecht. Jeder Beruf hat seine eigenen spezifischen Anforderungen und Verdienstmöglichkeiten. Der Wert und die Einzigartigkeit der Pflege müssen anerkannt und respektiert werden.»
Auch könne man die Behauptung nicht stehen lassen, dass diplomierte Pflegefachpersonen nahezu 8000 Franken pro Monat verdienen: «Unsere Daten zeigen, dass das durchschnittliche Gehalt unserer Pflegekräfte bei etwa 6700 Franken pro Monat liegt», so der Personal-Verband: «Eine transparente und genaue Kommunikation über die Vergütung ist entscheidend.»
Zuvor hatte sich schon eine Gruppe von KSB-Angestellten bei der «Aargauer Zeitung» gemeldet: «Von wegen 8000 Franken Pflege-Lohn!», so der Titel ihres Schreibens. Man sei irritiert, dass die Pflege nun mitverantwortlich sein soll für die Finanzprobleme an den Spitälern.

«Frust» oder «durchaus attraktiv»

Schmitters Vergleich mit den anderen Berufsgruppen sei obendrein «willkürlich, unpassend und diesem Kontext völlig deplatziert». Die Rede ist auch von «Vertrauensbruch», «Frust» und «Enttäuschung».
Im Intranet des KSB veröffentlichte CEO Schmitter dann eine «Klarstellung», die der AZ ebenfalls vorlag. Das 8000-Franken-Beispiel habe sich nicht auf den monatlichen Nettolohn bezogen: «Vielmehr wollte ich plakativ aufzeigen, dass der Pflegeberuf im Vergleich zu anderen Branchen, wo ebenfalls Nachtschichten und Wochenenddienste geleistet werden, durchaus attraktiv sind.»
  • Ob FaGe, Apotheker, Physio oder Chefärztin: Hier finden Sie die Standard-Monatslöhne der wichtigsten Berufe in der Gesundheitsbranche.
Im Schnitt, so Schmitter, verdiene eine 40 Jahre alte diplomierte Pflegefachperson am KSB über 87’000 Franken im Jahr. Bei 13 Monatslöhnen komme man somit auf rund 6700 Franken pro Monat. Seine Tochter, die als Polizistin ebenfalls im Schichtbetrieb arbeite, erhalte «wesentlich weniger Lohn, der überdies nicht 13, sondern bloss in 12 Tranchen» ausbezahlt werde.
Teile man also die 87’000 Franken durch 12 und addiere man noch Inkonvenienzen von 400 Franken, so gelange man zu der in der «Sonntags-Zeitung» «zugespitzt formulierten» Aussage von 8000 Franken, so Schmitter.
Der SBK jedenfalls nimmt den Ball am Ende mit einer gewissen Souplesse auf: «Angesichts der Diskrepanz zwischen den öffentlichen Aussagen und der Realität werden wir in den nächsten Lohnverhandlungen die tatsächlichen Bedürfnisse unserer Mitglieder deutlich machen», so das Communiqué: «Wir werden darauf bestehen, dass die Löhne die harte Arbeit und das Engagement unserer Pflegefachpersonen angemessen widerspiegeln.»

  • spital
  • lohn
  • pflegefachpersonal
  • pflegeinitiative
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

«Ich verstehe die Ungeduld der 200'000 Pflegefachleute im Land»

Heute gehen Pflegekräfte in Bern auf die Strasse: Sie fordern die konsequente Umsetzung der Pflegeinitiative. Auch GLP-Nationalrat und Pflegefachmann Patrick Hässig ist dabei.

image

«Pflegefachleute wollen Selbstbestimmung»

Eine Umfrage zeigt: Viele Pflegefachleute wünschen sich flexible Arbeitszeiten. Das Spital Bülach honoriert diese Flexibilität finanziell – nach einem Modell, das HR-Chef Manuel Portmann bereits vor 30 Jahren in einer Autobahnraststätte eingeführt hatte.

image

Zürich: Verbände fordern Lohn-«Nachholrunde»

Die vier kantonalen Spitäler sollen ihren Rückstand mit dem Teuerungsausgleich 2026 wettmachen. Gefordert sind Lohnerhöhungen zwischen 1,8 und 2,4 Prozent.

image

Nach Nullrunde: KSA, KSB und PDGA erhöhen Löhne 2026

Die Angestellten der Kantonsspitäler Aarau und Baden sowie der Psychiatrischen Dienste Aargau erhalten 2026 wieder mehr Lohn. Die Lohnsumme wird um 1,2 Prozent erhöht.

image

Pflegeinitiative: Politik bremst bei der Umsetzung – erst Kosten, dann Gesetz

Die Beratungen über das neue Pflegegesetz gehen in eine neue Runde: Die zuständige Nationalrats-Kommission will genauer wissen, was das kostet. — «Unfassbar!», kommentiert dies der Personalverband SBK.

image

Pharmagelder 2024: Zuwendungen an Schweizer Ärzte steigen leicht

2024 erhielten Ärzte, Spitäler und Fachgesellschaften zusammen 262 Millionen Franken – 16 Millionen mehr als im Jahr davor.

Vom gleichen Autor

image

Stadtspital Zürich: Neuer Chef für die Innere Medizin

Andreas Schoenenberger wechselt von der Thurmed-Gruppe ans Stadtspital. Er wird damit auch Mitglied der Spitalleitung.

image

Knie- und Hüftimplantate: Immer weniger Folgeeingriffe nötig

Die 2-Jahres-Revisionsraten bei Hüft- und Knieprothesen sinken weiter leicht oder bleiben stabil. Die Daten deuten eine zunehmend einheitliche Versorgungsqualität in der Schweiz an.

image

Mehr Pflegepersonal = weniger Ärzte-Burnout

Eine grosse Erhebung in sieben Ländern zeigt: Dort, wo Pflege stark vertreten ist und Arbeitsumgebungen stimmen, bleiben Ärztinnen und Ärzte länger im Beruf.