Asthmaspray soll schwere Covid-Verläufe verhindern

Das zeigt eine britische Studie. Mit zwei täglichen Anwendungen von Asthmaspray mit Budesonid konnten die schweren Covid-Verläufe um 90 Prozent gesenkt werden.

, 22. April 2021 um 08:00
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Die meisten Asthmatiker haben einen Asthmaspray mit Budesonid bei sich zu Hause. Nun überrascht die folgende News: Zwei tägliche Dosen von Asthmaspray mit Budesonid haben in einer offenen randomisierten Phase-2-Studie die Dauer einer milden Infektion mit Sars-CoV-2 um einen Tag verkürzt. Mehr  noch: Die Häufigkeit von schweren Verläufen konnte um 90 Prozent gesenkt werden. Publiziert wurden die Studien-Ergebnisse aus Oxford unter anderem in MedRxiv sowie in der renommierten wissenschaftlichen Zeitung The Lancet

Asthmatiker erkranken weniger

Forschern war bereits in den ersten Kohortenstudien aus China aufgefallen, dass asthmakranke Patienten bei einer Covid-Infektion nur selten schwer an Covid-19 erkranken. Die Vermutung lag nahe, dass dies so sein könnte, weil die meisten Asthmatiker heute Sprays mit inhalativen Steroiden anwenden. Wie Labor-Studien zeigen, hemmen Glukokortikoide die Replikation von Sars-CoV-2 in Atemwegsepithelien.
Gemäss der Studie können Steroide den Verlauf einer Erkrankung günstig beeinflussen. Patienten, die mit einer niedrig dosierten Behandlung mit Dexamethason behandelt wurden, hatten in der Phase-3-Studie Covid-19 häufiger überlebt. Seither gehören Steroide bei schweren Verläufen zum Behand­lungsstandard.

146 Patienten untersucht

Mona Bafadhel und ihr Team von der Universität Oxford haben in der «STerOids in COVID-19» oder STOIC-Studie untersucht, ob die zwei Mal tägliche Anwendung eines handelsüblichen Asthma­sprays mit 400 μg Budesonid pro Dosis auch den Verlauf einer milden Sars-CoV-2 günstig beeinflussen kann. 146 Patienten nahmen daran teil. Sie litten im Durchschnitt seit drei Tagen (laut Einschlusskriterium maximal seit sieben Tagen) unter Symptomen.
Die Beschwerden waren meist eher mild: Die Patienten klagten über Husten, Fieber, Kopf­schmerzen, Abgeschlagenheit und auch über einen Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns. Keiner der Teil­nehmer war derart schwer erkrankt, dass er hätte hospitalisiert werden müssen.  

Keine Placebo-Gruppe

Die Patienten wurden auf zwei Gruppen randomisiert. Eine Gruppe wurde gebeten, das Asthmaspray zwei Mal täglich anzuwenden (Dosis total jeweils 800 µg Budesonid). Die andere Gruppe erhielt die übliche Betreuung ohne Asthmaspray. Wie das deutsche Ärzteblatt feststellt, war die Studie demnach nicht placebokontrolliert, «was die Aussagekraft einschränkt», heisst es im Artikel.
Primärer Endpunkt der «proof of principle»-Studie war der Besuch der Notaufnahme in der Klinik mit anschlie­ssender Behandlung im Krankenhaus. Dies sei in der Budesonid­gruppe laut Bafadhel nur bei einem von zehn Patienten notwendig gewesen. In der Per-Protokoll-Analyse ergebe dies einen Rückgang um fast 90 Prozent, was auf einen klinisch bedeutsamen Vorteil hindeute.

Behandlung nicht evidenzbasiert

Ebenso seien in den sekundären Endpunkten Vorteile erkennbar: Die Dauer des Fiebers konnte von 7,7 auf 2,1 Prozent in den ersten 14 Tagen gesenkt werden. Der Anteil der Patienten, die einen Tag oder länger unter Fieber litten, ging von 23 auf 11 Prozent zurück. Der Anteil der Tage mit einer Sauerstoffsättigung von unter 94 Prozent konnte von 22 auf 19 Prozent gesenkt werden. Die Dauer bis zur Erholung wurde von acht auf sieben Tage verkürzt. Nach 14 Tagen hatten sich 82 gegenüber 72 Prozent von der Erkrankung erholt.
Wegen der geringen Teilnehmerzahl und der fehlenden Verblindung dürfte die Behandlung derzeit nicht als evidenzbasiert angesehen werden, stellt das deutsche Ärzteblatt fest. Dazu bräuchte es eine gross angelegte Doppelblindstudie.  
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