Da gibt es Unterhaltungsprogramme oder einen Hotelservice für die Angehörigen, es gibt Einzelzimmer für jedermann oder, wie neu im Kantonsspital Zug,
Menus von einem Spitzenkoch: Patientenzufriedenheit ist bekanntlich zu einem zentralen Wert im Schweizer Gesundheitswesen geworden – mit ganz praktischen Folgen. Und auch die Politik neigt dazu, die Patienten und ihre ausformulierten Wünsche expliziter ins Zentrum zu stellen.
Als ob der Patient früher eher eine Randfigur gewesen sei.
Ob diese Entwicklung medizinisch sinnvoll ist, bleibt dann eine andere Frage. Das US-Magazin
«The Atlantic» griff das Thema unlängst auf und untermalte es mit dem wunderbaren Zitat eines Klinikarztes: «Patienten können sehr zufrieden sein – und trotzdem eine Stunde später tot.»
Zufriedene Patienten sind teurer
Was tönt wie ein fauler Witz hat sogar eine gewisse Basis: Denn tatsächlich kam eine grosse Studie von US-Gesundheitsökonomen 2012 zu solch einem Schluss. Patienten, die bei Feedback-Erhebungen hohe Zufriedenheitsnoten verteilt hatten, überlebten den Beobachtungszeitraum von vier Jahren seltener als Patienten, die schimpften.
Und: Zufriedene Patienten verursachten auch höhere Betreuungs- und Medikamentenkosten. Sie wurden für dasselbe Leiden auch häufiger ins Spital eingewiesen.
Was definitiv zu bestätigen scheint, dass Zufriedenheit recht wenig zu tun hat mit dem medizinischen Zustand.
In
«The Atlantic» deutete Studienleiter Joshua Fenton, ein Gesundheitsökonom der University of California Sacramento, die Daten so: Die Fokussierung auf Patientenzufriedenheit birgt die Gefahr, dass die Ärzte und Kliniken eher jene Therapien vermeiden, welche für die Patienten fordernd und anstrengend sind. Sie geben eher dem nach, was die Patienten wünschen.
Wer Nikotin absetzen muss, ist oft ein frustrierter Patient
Anders illustriert: Wer will denn einen Raucher entschlossen zum Aufhören drängen, wenn Patientenzufriedenheit ein Ziel des Spitals und im Jahresgespräch ein grosses Thema ist?
Doch wie äussert sich jene Zufriedenheit der Patienten? Worum geht es genau? Wie machen die Patienten selber das fest?
Eine Antwort findet sich auf dem weltgrössten Bewertungsportal «Yelp», welches die Sternchenbewertung durch die Patienten bei Krankenhäusern stetig ausbaut
(mehr dazu hier).
Auch Schweizer Kliniken werden dort inzwischen benotet. Darum wir haben einmal alle Kommentare zu helvetischen Gesundheitsinstitutionen nach den benannten Kriterien durchsucht. Insgesamt 14 Schweizer Spitäler und Kliniken haben derzeit solche Einzelzeugnisse von Ex-Patienten.
Diese Punkte werden am häufigsten genannt:
1. «Care skills», Freundlichkeit, Service: 20 Nennungen
2. Wartezeit, Tempo, Effizienz: 18 Nennungen
3. Nebenangebote wie Parkplätze, Anfahrtsmöglichkeiten, WiFi, Park, Aussicht: 9 Nennungen
4. Essen, Hotellerie: 6 Nennungen
— Offenheit, klare Information, verständliche Beratung: 6 Nennungen
6. Informationswille, Genauigkeit, Analysequalität des medizinischen Personals: 4 Nennungen
— Logik der Abläufe, Orientierung, Verständlichkeit: 4 Nennungen
8. Diagnosequalität, Intensität der Tests. «Nehmen sich Zeit» vs, «Oberflächlichkeit»: 3 Nennungen
— Ausrüstung, technischer Standard: 3 Nennungen.
10. Hygiene: 2 Nennungen
11. Resultat, Verlauf des Heilungsprozesses: 1 Nennung.
Es zeigt sich also, dass tatsächlich die Service- und Hotellerie-Aspekte dominieren, während der Kern der Sache – ausgedrückt zum Beispiel in Urteilen über diagnostische Präzision, Analyse, Hygiene oder die Ausrüstung definitiv zweitrangig sind.
Besonders auffällig ist auch, dass nur eine Stimme einen Zusammenhang herstellte zwischen dem Resultat des Spitalbesuchs beziehungsweise der Heilung und dem Spital selber.