«Ewig kann das so nicht weitergehen»

Der Direktor des Spitals Davos nimmt Stellung zur Studie, wonach sein Haus das unrentabelste Spital der Schweiz sein soll. Und er sagt: «Ohne Spital kein WEF.»

, 16. Februar 2017 um 20:10
image
Hans-Peter Wyss: «Irgendeinmal muss die Gemeinde Davos einen Entscheid fällen, wie man mit dem Spital verfahren will, wie das Defizit gedeckt werden soll.»
Herr Wyss, gemäss einer Studie der Zürcher Ratingagentur Independent Credit View ist das Spital Davos das unrentabelste Spital in der Schweiz. Was machen Sie falsch?
Wir sind der Auffassung, dass wir alles richtig machen. Die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit ist eine Daueraufgabe. 2015 konnten wir die Personalkosten gegenüber dem Vorjahr durch aktive Pensenbewirtschaftung um 1 Million Franken senken. Gleichzeitig haben wir eine EBIDTA-Marge von 1,78 Prozent ausgewiesen. Im Vorjahr waren dies noch minus 0,62 Prozent.
Der EBITDA beziffert den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Um rentabel zu sein, bräuchte Davos eine EBITDA-Marge von 10 Prozent.
Das ist richtig. Wir haben ein strukturelles Defizit von 2 Millionen Franken bei vorgegebenem kantonalen Leistungsauftrag und ebenfalls vorgegebenen Tarifen. Die Fallkosten liegen im Schnitt zwischen 10'000 und 12'000 Franken. Wir erhalten pro Fall aber lediglich 9'670 Franken als Basisfallpreis. Mit der in der Spitalregion Davos möglichen Anzahl Fälle können die effektiven Kosten inklusive Vorhalteleistungen nicht gedeckt werden.
Wie finanzieren Sie das Defizit?
Vorläufig noch mit dem Eigenkapital. Ewig kann das so nicht weitergehen. Irgendeinmal muss die Eigentümerin, die Gemeinde Davos, einen Entscheid fällen, wie man mit dem Spital verfahren will, wie das Defizit gedeckt werden soll. Es braucht ein politisches Bekenntnis, das in einem Frankenbetrag sichtbar wird.

«Wir haben ein strukturelles Defizit von 2 Millionen Franken»

Am günstigsten wäre die Schliessung. Mit dem Heli dürfte man in 15 Minuten in Chur sein.
Das halte ich für ausgeschlossen. Der Kanton Graubünden hat zwölf Spitalregionen definiert, welche die Grundversorgung aus einer Hand gewährleisten müssen. Das heisst, man muss in diesen Regionen mindestens ein Akutspital führen, eine Alterspflegeeinrichtung sowie Spitex und Rettungsdienste anbieten. Zudem braucht Davos als Sport- und Kongressstadt ein eigenes Spital.
Das sagen andere Wintersportorte auch.
Möglich. Davos ist aber nicht nur eine Sportdestination, sondern auch eine Kongressstadt. Glauben Sie, Klaus Schwab würde das WEF weiter in Davos durchführen, wenn es kein Spital mehr hätte? Das können Sie glatt vergessen.
Ohne Spital kein WEF?
Ja. Das habe ich mir schon bei meinem Stellenantritt vor zwei Jahren von den Verantwortlichen hier sagen lassen.
  • image

    Hans-Peter Wyss

    Der CEO der Spital Davos AG ist Rechtsanwalt mit betriebswirtschaftlicher Weiterbildung als EMBA HSG. Er ist seit 23 Jahren als Manager, Berater und Anwalt im Gesundheitswesen tätig. Seit November 2014 ist Hans-Peter Wyss CEO der Spital Davos AG. Daneben unterrichtet er am medi – Zentrum für medizinische Bildung HF in Bern und wirkt als Auditor der EQUAM-Stiftung. Hans-Peter Wyss ist Mitglied des Vorstandes der Schweizerischen Vereinigung der Spitaldirektorinnen und Spitaldirektoren.

Ist das strukturelle Defizit eine Folge von DRG?
Nein. Man kann aber feststellen, dass die Rechnungslegung dank DRG transparenter geworden ist.
Sie sagten kürzlich an einem Vortrag in Thun, das Spital Davos sei das einzige Vierspartenspital der Schweiz. Wie weit schlägt sich das auf die Rendite nieder?
Wir bieten in der Spital Davos AG das Akutspital, das Alterspflegeheim, die Spitex und die Rettungsdienste unter einem Dach an. Auf die Wirtschaftlichkeit des Gesamtunternehmens hat das keinen Einfluss.
Das Spital Davos ist seit 2012 eine AG, die der Gemeinde Davos gehört. Wie wurde das Defizit früher gedeckt?
Das Spital war Teil der Gemeindeverwaltung. Das Defizit von damals jährlich 5 bis 7 Millionen wurde praktisch stillschweigend durch die laufende Rechnung gedeckt. 
Artikel teilen
  • Share
  • Tweet
  • Linkedin
  • Whatsapp
  • Telegram
Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Was ist Ihr Beruf?

Wo arbeiten Sie?*

undefined
undefined

*Diese Angaben sind freiwillig. Sie bleiben im Übrigen anonym.
Warum bitten wir Sie darum? Medinside bietet Ihnen die Informationen und Beiträge kostenlos. Das bedeutet, dass wir auf Werbung angewiesen sind. Umgekehrt bedeutet es idealerweise auch, dass Ihnen auf Medinside möglichst nur Werbung gezeigt wird, die zu Ihnen passt und die Sie interessant finden könnten.
Wenn wir durch solche Erhebungen Angaben über das allgemeine Profil des Medinside-Publikums gewinnen, nützt dies allen: Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, uns und unseren Kunden. Vielen Dank!


Mehr zum Thema

image

Neuer Leistungsauftrag für die Oberwaid

Die Klinik Oberwaid ist neu auch mit muskuloskelettaler Rehabilitation auf der Spitalliste der Kantone St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. So kann die Oberwaid auch in diesem Fachgebiet grundversicherte Patienten behandeln und leistet einen wichtigen Beitrag in der Region.

image

Zurück in die Vergangenheit: Spitäler wollen Geld vom Kanton

An sich sollten die Kantone ihre Spitäler nicht mehr finanzieren. Doch immer häufiger zahlen die Regierungen trotzdem – und verzerren möglicherweise den Wettbewerb.

image

Luzerner Kantonsspital braucht wohl bald Geld

Die Höhenklinik des Spitals machte 180'000 Franken Verlust - pro Monat. Die Kantonsregierung rechnet damit, dass das Kantonsspital Hilfe braucht.

image

Spital Samedan gehört bald zum Kantonsspital Graubünden

Dadurch werden wohl einzelne Stellen neu ausgerichtet oder aufgehoben. Andererseits dürften in den medizinischen Bereichen rund 20 zusätzliche Stellen entstehen.

image

100 Millionen Franken? Danke, nicht nötig.

Der Kanton Graubünden plante einen Rettungsschirm für notleidende Spitäler und Gesundheits-Institutionen. Die Idee kam schlecht an.

image

LUKS Gruppe baut Verwaltungsrat um

Elsi Meier, Giatgen A. Spinas und Pauline de Vos verlassen das Gremium. Die Nachfolge-Suche hat bereits begonnen.

Vom gleichen Autor

image

Palliative Care: «Wir brauchen nicht mehr Betten in Spitälern, aber in Hospizen»

Renate Gurtner Vontobel, die ehemalige Geschäftsführerin von Palliative.ch, blickt auf ihre fünfeinhalbjährige Amtszeit zurück.

image

«Kritiker der Komplementärmedizin haben eine zu einseitige Sicht»

SP-Ständerätin Franziska Roth kritisiert im Interview die Haltung von Gegnern der Komplementärmedizin. Sie verkennen den Wert der ärztlichen Expertise.

image

Physiotherapie: Die Stolpersteine im Tarifstreit

Wie weiter im Tarifstreit in der Physiobranche? Die Frage ist: Welcher Streit – jener über die Tarifstruktur oder jener über den Preis?