Chefärztinnen in der Herzchirurgie sucht man in Deutschland vergebens: Aktuell gibt es keine einzige Frau unter den Chefärzten auf den herzchirurgischen Stationen. Ein Zusammenschluss der Herzchirurginnen in Deutschland – das
«Netzwerk Herzchirurginnen» – soll nun dazu beitragen, dass Frauen, die in diesem Fachgebiet tätig sind, bessere Karrierechancen haben (Medinside
berichtete).
Wie steht es um die Herzchirurginnen in der Schweiz? Das wollte die Redaktion von der Schweizerischen Gesellschaft für Herz- und thorakale Gefässchirurgie (SGHC) wissen.
Frauenförderung in der Herzchirurgie: «Aktuelles und wichtiges Thema»
«Die Thematik der Förderung von Herzchirurginnen ist für die SGHC ein sehr aktuelles und wichtiges Thema», schreibt Peter
Matt, der Präsident der SGHC, auf Anfrage. Matt ist Klinikleiter und Chefarzt der Klinik für Herzchirurgie am Luzerner Kantonsspital (Luks).
Wie Matt einräumt, sind Herzchirurginnen in der SGHC derzeit jedoch in der Minderheit. Lediglich sechs Prozent der ordentlichen SGHC-Mitglieder sind weiblich. Anders verhält es sich bei den Juniormitgliedern der SGHC: Hier sind 30 Prozent weiblich.
Die Zukunft der Herzchirurgie in der Schweiz werde aber weiblicher, was angesichts des über 60-Prozent-Anteils an Medizinstudentinnen auch wichtig und notwendig sei, findet Matt. Gemäss des Präsidenten der SGHC haben in den letzten Jahren drei Herzchirurginnen den Schweizer Facharzttitel für Herz- und thorakale Gefässchirurgie erhalten – zwei Kandidatinnen stehen aktuell kurz vor dem Facharzttitel.
Zum ersten Mal eine Frau im Vorstand der SGHC
Matt weist darauf hin, dass anlässlich der Mitgliederversammlung der SGHC im Herbst 2021 mit Eva Roost erstmals eine Frau in den Vorstand gewählt worden sei.
Roost arbeitet als Belegärztin in der Hirslanden-Klinik Beau-Site. Sie ist Standortleiterin der Hirslanden Bern – «was allenfalls einer Chefärztinnen-Position entspricht, selbstverständlich ohne die akademische Leistung», schreibt Roost auf Anfrage. In der Schweiz gebe es zwar an den Universitätsspitälern derzeit keine Chefärztin Herzchirurgie, es sei aber wohl nur eine Frage der Zeit, bis eine Herzchirurgin an einem Universitätsspital Chefin sein werde, meint Roost.
Laut der Herzchirurgin war in den letzten Jahren etwa die Hälfte der Medizinstudenten, die sich für eine herzchirurgische Ausbildung interessierten, weiblich. «Kandidatinnen gibt es genügend. Um diese während der mehrjährigen Ausbildung zu motivieren, braucht es aber gute Mentorinnen und Vorbilder», schreibt sie.
«Frauen in der Herzchirurgie, das war ein Novum»
Roost selbst begann ihre Ausbildung vor rund 16 Jahren am Inselspital. Damals sei die Situation der Frauen in der Herzchirurgie noch komplett anders gewesen: «Frauen in der Herzchirurgie, das war ein Novum – es wurde intensiv diskutiert, ob es sinnvoll ist, eine Frau auszubilden.» Nach ihr seien inzwischen einige weitere Frauen ausgebildet worden, die ihren Facharzttitel erworben hätten.
«Es hat sich sehr viel zugunsten der Frauen in der Herzchirurgie geändert», findet Roost und fügt an: «Es ist meine ganz grosse Überzeugung, dass die Herzchirurgie als Fach davon profitiert, dass mehr Frauen Herzchirurginnen werden.»