Gute Noten für die Schweizer Alters- und Pflegeheime

Eine Studie bei 118 Institutionen zeigt: Schweizer Alters- und Pflegeheime arbeiten gut. Doch müssten sie mehr Sorge geben zu ihren Mitarbeitenden.

, 5. Mai 2021 um 15:47
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Hohe Qualität und gute Arbeitgeber: So lautet das Zeugnis, das eine Studie der Universität Basel den Schweizer Alters- und Pflegeheimen ausstellt. Gleichzeitig zeigen die Resultate aber auch: Es steht nicht alles zum Besten. 

Fachpersonal ist schwer zu finden

Das Personal ist zwar recht stellentreu. Doch fast alle 118 befragten Betriebe haben grosse bis sehr grosse Mühe, Angestellte mit einem Fachhochschul- oder einem Höheren Fachschul-Abschluss zu rekrutieren. Assistenz- und Hilfspersonal lässt sich hingegen sehr leicht oder eher leicht finden.
Dabei gibt es Unterschiede zwischen den Sprachregionen: In der Romandie stellen die Pflegeinstitutionen mehr Personal an als in der Deutschschweiz: Pro 100 Betten gibt es in den Deutschschweizer Institutionen gut 46 Vollzeitstellen; in der Romandie sind es gut 55 Vollzeitstellen.

Medikamente und Büroarbeit sind kritische Punkte

Besonders mit zwei Punkten sind die Heime und deren Angestellte unzufrieden: Mit der Medikamentenabgabe und mit der administrativen Belastung.
Die Studie ergab, dass 44 Prozent der Bewohner neun und mehr Medikamente einnehmen. In der Mehrheit der Heime gibt es keine Anforderungen an die Ärzte bei der Auswahl von Medikamenten, etwa in Form einer Liste von Medikamenten, die im Haus verwendet werden. Einige Heime geben jedoch Empfehlungen ab.

Ärzte berücksichtigen Vorschläge zu wenig

Sehr viele Pflege- und Betreuungsfachleute diskutieren mit den Ärzten oder Apothekern, wenn sie finden, dass Bewohner viele Medikamente erhalten. Allerdings zeigt sich, dass die Vorschläge häufig nicht berücksichtigt werden.
Von den rund 4500 befragten Pflege- und Betreuungspersonen finden 60 Prozent, dass die administrative Belastung im Vergleich zum Vorjahr zugenommen hat. Die Mehrheit wendet dafür 1 bis 2 Stunden auf – wobei es in der Romandie eher weniger sind und in der Deutschschweiz eher mehr.

Überzeit eher selten

40 Prozent der Angestellten geben auch an, dass sie wegen beruflicher Verpflichtungen manchmal ihre Pläne für private Aktivitäten ändern müssen. Allerdings ist regelmässige Überzeitarbeit – das heisst mehr als 30 Minuten Mehrarbeit pro Schicht – eher selten. Die Mehrheit muss nur ab und zu einmal länger arbeiten.
Immer mehr Pflege- und Betreuungspersonen haben zudem gesundheitliche Beschwerden. Schwäche, Müdigkeit und Energielosigkeit stehen an erster Stelle. Darunter leiden 76 Prozent. Auch Rücken- oder Kreuzschmerzen plagen 73 Prozent. Gelenk- und Gliederschmerzen spüren 60 Prozent. Einschlaf- oder Durchschlafstörungen melden 58 Prozent. Allerdings sehen längst nicht alle einen direkten Zusammenhang ihrer Beschwerden mit ihrer Arbeit.

Normale Kündigungsrate

Trotz der kritisierten Punkte sind Angestellte von Pflegeinstitutionen erstaunlich betriebstreu. Die Fluktuationsrate beträgt gut 13 Prozent, was laut Studie in einem «betrieblich gesunden Bereich» liegt.
Und was halten umgekehrt die Bewohnerinnen und Bewohner von ihren Pflege- und Betreuungspersonen? Diese erhalten sehr gute Noten: Die ganz grosse Mehrheit finden die Pflege und Betreuung eher gut und sehr gut. Wobei die Romandie mit fast 94 Prozent Zufriedenen leicht besser abschneidet als die Deutschschweiz mit knapp 90 Prozent.

Die Durchschnittswerte der befragten Pflege- und Betreuungspersonen

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Quelle: «Swiss Nursing Homes Human Resources Project» (SHURP 2018) der Universität Basel
Die Studie zeigt auch, was für Eigenschaften eine durchschnittliche Pflege- oder Betreuungsperson in einem Pflegeheim hat: Sie ist weiblich, 46 bis 55 Jahre alt, arbeitet zu 80 Prozent, ist seit 18 Jahren berufstätig, davon 11 Jahre als Pflege- oder Betreuungsperson. Und sie arbeitet seit 5 Jahren im aktuellen Betrieb.

Fragiles Gleichgewicht

Das Fazit am Ende der Studie lautet: «Die Qualität der Pflege und Betreuung erreicht ein gutes Niveau. Doch die Betriebe befinden sich derzeit in einem fragilen Gleichgewicht, das mit der Pandemie noch mehr Gefahr läuft, ins Wanken zu geraten. Wenn die Qualität weiterhin erhalten werden sollen, braucht es mehr und gut ausgebildetes Personal und eine fördernde Arbeitsumgebungsqualität.»
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