Immer noch besser als teure Da-Vinci-Roboter: Chirurgen mit Erfahrung

Es zeigt sich, was Kritiker schon länger vermuten: Die 35 Operations-Roboter, die in Schweizer Spitälern stehen, sind nicht nur unnötig und teuer. Mangelts an Routine, können sie sogar gefährlich sein.

, 11. September 2019 um 15:16
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Bei Operationen mit dem Da-Vinci-Roboter sitzt der Chirurg an einem Steuerungspult (rechts im Hintergrund) und steht nicht selber mit dem Skalpell am Operationstisch. | Bild: Wikimedia
Weniger Schmerzen, schnellere Genesung, schönere Narben: Das verspricht das Kantonsspital Baselland bei Operationen mit dem Da-Vinci-Roboter. Doch die Operations-Roboter der Firma Intuitive Surgical sind immer umstrittener.
Trotzdem gibt es immer mehr Spitäler, die einen solchen Roboter anschaffen. Allein in den letzten sieben Jahren hat sich deren Zahl in der Schweiz auf 35 verdoppelt. Doch immer mehr Studien und Erfahrungen zeigen, dass die Roboter unnötig und teuer sind.

Auch bei Prostata-Operationen nicht besser als ein erfahrener Chirurg

Nicht einmal bei Prostata-Operationen – jene Operation, die heute mehrheitlich von Robotern ausgeführt wird – sei der Vorteil der Da-Vinci-Geräte belegt. Das hat das Swiss Medical Board (SMB) festgestellt, eine Vereinigung, die medizinische Geräte, Methoden oder Medikamente untersucht.
Die Zeitschrift «Saldo» zitiert auch den Urologen Felix Trinkler vom Uro-Zentrum Zürich. Dieser sagt, der Erfolg von Prostata-Operationen hänge mehrheitlich von der Erfahrung des Chirurgen ab und nicht davon, ob ein Roboter eingesetzt werde.
Der Frauenarzt Dimitri Sarlos, Chefarzt und Klinikleiter am Kantonsspital Aarau, hat mehrere Studien über den Einsatz von Robotern in der Gynäkologie durchgeführt. Auch er kommt gemäss «Saldo» zum Schluss, dass die Patientinnen keinen Nutzen von Robotern hätten. Chirurgen mit entsprechender Erfahrung würden schneller, besser und billiger arbeiten. Die Gynäkologische Abteilung des Kantonsspitals verzichtet deshalb auf Roboter.

Überdurchschnittliche Roboter-Dichte in Basel

Ins Visier der Kritik geraten sind die Roboter insbesondere in Basel. Dort ist die Da-Vinci-Dichte überdurchschnittlich hoch: Das Unispital Basel, das Kantonsspital Baselland und auch die Privatkliniken Merian Iseli und Claraspital haben solche Geräte.
1,7 Millionen Franken kostet so ein Roboter. Dazu kommen hohe Betriebskosten. Besonders stossend: Die «Basler Zeitung» hatte vor zwei Jahren herausgefunden, dass der Da-Vinci-Roboter im Baselbieter Kantonsspital (KSBL) über zwei Drittel des Jahres stillsteht. Zum Teil wurde das teure Gerät nur gerade zweimal pro Monat eingesetzt.
Das ist nicht nur teuer, sondern kann sogar gefährlich werden: Denn je weniger die Chirurgen die Roboter nutzen, umso weniger Routine haben sie. Gegenüber der Sendung «Puls» sagte etwa Martin Schumacher, Facharzt Urologie an der Hirslanden-Klinik in Aarau: «Erst nach etwa 300 Eingriffen beherrscht man den Da Vinci wirklich, aber auch dann lernt man immer noch dazu.»

Patienten sollen dem Roboter nicht mehr vertrauen als dem Chirurgen

Schumacher rät den Patienten deshalb, sich nicht vom Roboterboom blenden zu lassen. Der Erfolg hänge nicht vom Gerät ab. Nur wer geübt im Umgang mit dem Roboter sei, erziele auch gute Resultate.
Im KSBL bewegt sich die Anzahl der Eingriffe mit dem Da-Vinci-Roboter im Rahmen der Vorjahre, Tendenz steigend, sagt KSBL-Sprecherin Anita Kuoni auf Anfrage von Medinside. Der Roboter werde nicht mehr nur von den Urologen genutzt. Sie betont ausserdem, dass der Einsatz des Roboters nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht betrachtet werden dürfe.
Er diene auch der Aus- und Weiterbildung der jungen Ärzte. Und zunehmend würden auch Patienten die Roboter-Operationen verlangen. Die Hersteller-Firma des Da-Vinci-Roboters verweist auf Studien, welche die Sicherheit und Wirksamkeit von Roboter-Operationen belegen würden.
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