Impfen: Warum sich das Pflegepersonal so widerspenstig verhält

Die Impfquote beim Pflegepersonal bleibt tief. Am Zürcher Unispital beträgt sie gerade mal 15 Prozent. Eine Studie ist der Frage nachgegangen, weshalb dem so ist.

, 11. Januar 2018 um 08:42
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Pflegefachleute lassen sich nicht gerne impfen.  (Bild: EC | Pierre Prakash)
Wenn sich jemand unbedingt gegen Grippe impfen sollte, dann wohl das Pflegepersonal – möchte man meinen. Doch gerade die Frauen und Männer, die kranken Leuten besonders nah kommen, zeigen sich diesbezüglich als renitent. Das ist bekannt und wird nun durch eine aktuelle Studie bestätigt, welche zwölf Tageszeitungen vorliegt, die eigentlich nur eine ist. Gemeint sind die Kopfblätter des Tamedia-Konzerns wie «Tages-Anzeiger», «Bund», «Berner Zeitung» und viele andere.

BernerInnen sind empfänglicher als ZürcherInnen

Gemäss diesen Informationen beträgt die Impfquote beim Plegepersonal am Zürcher Universitätsspital 15 Prozent, am Universitätsspital Basel 25 und am Berner Inselspital 36 Prozent. Bei den Ärzten liegen die Quoten darüber: In Basel und Bern sind über die Hälfte der Ärzte der Universitätsspitäler geimpft. In Zürich sind es mehr als 30 Prozent.
Die Autoren der Studie sind auch der Frage nachgegangen, weshalb das Pflegepersonal sich gegen die Impfung wehrt. «Unsere Befragungen haben gezeigt, dass das Pflegepersonal die Bedeutung der Impfung tendenziell unterschätzt», wird Dunja Nicca, Professorin für Pflegewissenschaften an Universität und Universitätsspital Basel, zitiert.
Was die Tamedia-Blätter hingegen nicht schreiben: Basis der Arbeit ist eine kleinere qualitative Befragung, bei der 18 Pflegefachleute aus zwei Deutschschweizer Kantonen beteiligt sind. 
Drei Motive spielten zusammen bei der Impf-Abneigung, so das Fazit der Autoren aus Basel: Erstens der Glaube, einen starken und gesunden Körper zu haben – dies widersetze sich dem Impf-Anspruch. 
Zweitens der Anspruch auf Entscheidungsautonomie über den eigenen Körper. Und drittens die Wahrnehmung, dass man den Pflegeprofis mit den Impf-Aufforderungen eine gewisse Unzuverlässigkeit unterstellt. 
Alle wollten die Patienten schützen, viele seien aber der Meinung, dass die eigene Impfung dabei von geringer Bedeutung sei, so Dunja Nicca.

«Moralisierende Kommunikation»

Angeblich fühlen sich viele Pflegefachleute durch die «moralisierende Kommunikation» der letzten Jahre unter Druck gesetzt. «Die Grippeimpfung ist dadurch in vielen Teams zu einem Tabuthema geworden», erklärt Dunja Nicca. Das bestätigt gegenüber Tamedia auch Roswitha Koch vom Verband der Pflegefachkräfte: «Wenn Druck ausgeübt wird, löst das Widerstand aus.»
Ob geimpft werde oder nicht, hängt laut Dunja Nicca nicht nur von der persönlichen Einstellung ab, sondern auch sehr stark von der Teamkultur. Anders als die Grippeimpfung würden Massnahmen wie das Maskentragen oder die Handhygiene in vielen Teams diskutiert.
Und so würden am Ende die Teammitglieder gemeinsam hinter den Zielen stehen und sich gegenseitig motivieren. Beim Tabuthema Grippeimpfung blieben die Teams dagegen «in einer Negativspirale gefangen».
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