Diabetes: Mit KI lässt sich sehen, wie die Krankheit verläuft

Ein Blick, und man sieht, wie die Therapie wirkt: Forscher in Deutschland entwickelten ein Verfahren, mit dem sich Haut-Veränderungen durch Diabetes scannen lassen.

, 12. Dezember 2023 um 14:44
image
RSOM-Aufnahmen der Haut eines gesunden Probanden (l.) und eines Patienten mit Diabetes (r.)  |  Bild: Nikolettea Katsouli, TUM.
Veränderungen von kleinen Blutgefässen sind eine häufige Auswirkung von fortschreitendem Diabetes. Forscher der Technischen Universität München und von Helmholtz Munich haben jetzt ein Verfahren entwickelt, mit dem sich solche mikrovaskulären Veränderungen in der Haut messen lassen – und damit die Schwere der Erkrankung
In einem ersten Schritt werden optoakustische Bildgebungsmethoden eingesetzt: Lichtimpulse erzeugen Ultraschallwellen im Körpergewebe; diese Wellen werden von Sensoren erfasst und in Bilder umgewandelt.
Vasilis Ntziachristos, Professor für Biologische Bildgebung an der TUM, hat mit seinem Team eine Reihe von optoakustischen Bildgebungsmethoden entwickelt, darunter RSOM – kurz für «Raster-Scan Optoacoustic Mesoscopy».
Nun hat das Münchner Team RSOM für die Untersuchung der Auswirkungen von Diabetes auf die menschliche Haut weiterentwickelt. Aus RSOM-Aufnahmen der Blutgefässe im Bein von 75 Diabetikern und Diabetikerinnen (sowie einer Kontrollgruppe) identifizierten die Forscher mit einem KI-Algorithmus Merkmale einer Diabetes-Erkrankung.
Dabei erstellten sie eine Liste von 32 besonders aussagekräftigen Veränderungen im Erscheinungsbild der Äderchen der Haut – beispielsweise die Zahl der Verästelungen der Gefässe oder ihr Durchmesser.

32 Merkmale

Solche Veränderungen sind beispielsweise in Biopsien zu erkennen. Doch solche Biopsien bedeuten immer einen Eingriff in den Körper, und sie sind nicht für wiederholte Untersuchungen über einen längeren Zeitraum geeignet. RSOM-Messungen sind dagegen nicht invasiv, dauern weniger als eine Minute und sind nicht auf Strahlung oder Kontrastmittel angewiesen.
«Andere optische Bildgebungsverfahren liefern nicht die Tiefe oder das Detail, den RSOM ermöglicht», sagt Angelos Karlas, leitender Arzt der Studie. So können bei einer einzelnen RSOM-Messung gleichzeitig Daten zu verschiedenen Tiefen der Haut gewonnen werden.
«Diese Erkenntnisse eröffnen völlig neue Möglichkeiten für die kontinuierliche Überwachung des Zustands der Betroffenen.»
Dadurch konnten die Forscher erstmals feststellen, dass sich Diabetes unterschiedlich auf Gefässe in verschiedenen Hautschichten auswirkt: Während beispielsweise die Zahl der Gefässe und Verästelungen in der sogenannten dermalen Ebene bei Diabetikern verringert waren, waren sie dichter unter der Hautoberfläche, in der sogenannten epidermalen Ebene, erhöht.
Jedes der 32 erwähnten Merkmale wird vom Fortschreiten und der Schwere der Krankheit beeinflusst. Erst wenn man sie kombiniert und einen sogenannten Score ermittelt, lässt sich aber eine Verbindung zwischen dem Zustand der kleinen Blutgefäße in der Haut und dem Schweregrad von Diabetes ziehen. Dieser konnte in dieser Studie erstmals gezeigt werden.

Bessere Überwachung

«Mit RSOM können wir die Auswirkungen von Diabetes jetzt quantitativ beschreiben», sagt Vasilis Ntziachristos: «Da wir RSOM immer mobiler und kostengünstiger machen konnten, eröffnen diese Erkenntnisse völlig neue Möglichkeiten für die kontinuierliche Überwachung des Zustands der Betroffenen.»
Konkret heisst das zum Beispiel: Mit kurzen und schmerzfreien Untersuchungen liesse sich so in wenigen Minuten feststellen, ob Therapien Wirkung zeigen – sogar in häuslicher Umgebung.
  • Forschung
  • diabetes
  • künstliche intelligenz
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Robert-Bing-Preis an USZ- und EPFL-Neurowissenschaftler

Ausgezeichnet werden Susanne Wegener vom Universitätsspital Zürich sowie Alexander und Mackenzie W. Mathis von der EPFL.

image

Hohe Auszeichnung für CHUV-Forscher

George Coukos wurde in die U.S. National Academy of Medicine für Krebsforschung gewählt.

image
Der KI-Ticker

Der Ticker: Wo KI überall das Gesundheitswesen verändert

Künstliche Intelligenz kann Qualitäts-Reporting übernehmen ++ KI in Sursee ++ Weniger Medikationsfehler ++ Leitfaden: KI in Medizin und Pflege ++

image

Swiss Bridge Award: Eine halbe Million Franken für zwei Forschungsprojekte

Wissenschafter aus Zürich und Tübingen erhalten je 250'000 Franken für Frühphasen-Studien zur Immuntherapie.

image

Blutdruck: Wie die Armhaltung das Resultat prägt

Viele Patienten erhalten heikle Diagnosen, weil der Arm bei der Blutdruckmessung nicht korrekt liegt. Bei Risikogruppen führen solche Fehler zu besonders deutlichen Abweichungen.

image

Neues Forschungsgebäude für den Medizincampus Davos

Hinter dem Projekt steckt Klaus-Michael Kühne, der einst die Hochgebirgsklinik vor dem Konkurs rettete.

Vom gleichen Autor

image

Unispitäler häuften 210 Millionen Franken Verlust an

«Wir sind hart vor der finanziellen Kante»: So der Befund von Werner Kübler, dem Direktor des Universitätsspitals Basel.

image

Auch Graubünden will Spitäler mit 100 Millionen stützen

Das Geld würde aber nicht direkt an die Betriebe gehen. Zudem sollen Spitäler leichter in Gesundheitszentren verwandelt werden können.

image

US-Software für das USZ? Debatte um eine Beschaffung

Vor dem Entscheid über ein neues Klinikinformationssystem beim Universitätsspital Zürich schalten sich Parlamentarier ein – aus allen Richtungen und mit einem klaren Wink.