FMH verteidigt steigende Arztkosten

Rekord-Nachfrage nach medizinischen Leistungen: Die FMH beteuert, dass dies nicht die Schuld der Ärzte sei.

, 7. Juni 2023 um 12:33
image
Bild: Pixelio Sturm
Letztes Jahr gab es in der Schweiz eine noch nie dagewesene Nachfrage nach Ärztinnen und Ärzte. Die Patientenzahlen stiegen doppelt so stark wie in den Jahren zuvor, bei den Haus- und Kinderärzten sogar viermal so stark. Das teilt die FMH, der Berufsverband der Schweizer Ärzte, aufgrund der jüngsten Abrechnungsdaten mit.

10 Prozent mehr bei HNO-Ärzten

Im Durchschnitt besuchten letztes Jahr 6,5 Prozent mehr Personen eine Arztpraxis als im Vorjahr. In einzelnen Fachbereichen waren es mehr: Bei den Augenerkrankungen waren es über 7 Prozent. Den mit Abstand höchsten Wert verzeichnen aber die Hals-Nasen-Ohren-Fachärzte, die eine Steigerung von über 10 Prozent hatten.

Die fünf Gründe

Die FMH gibt für diese eklatanten Zunahmen fünf Gründe an:
  1. Der Beratungsbedarf nimmt zu.
  2. Es gibt eine Veränderung des Gesundheitsbewussteins.
  3. Es gibt mehr Verunsicherung bei der Einschätzung von Krankheitssymptomen.
  4. Die Covid-19-Pandemie hat die Zunahme der Patientenzahlen verstärkt.
  5. Infekte haben nach der Aufhebung der Distanz-Empfehlungen zugenommen.

Höhere Gesundheitskosten

Weil viel mehr Personen ärztlichen Rat wollten, wirkt sich das auf die Gesundheitskosten aus. In Arztpraxen sinkt der Aufwand bei höheren Patientenzahlen nicht. Das heisst, dass zusätzliche Patienten auch zusätzliche Kosten verursachen, unabhängig davon, ob sie mit oder ohne eine Krankheitsdiagnose die Praxis verlassen.

«Ärzte sind nicht schuld am Zuwachs»

Die FMH betont: Die Nachfrage nach ärztlichem Rat können die Ärzte und Ärztinnen selbst kaum steuern. Vor allem die Zunahme von Erstkontakten, bei denen sich die Patienten selber anmelden, sei kaum zu beeinflussen, betont Urs Stoffel, Mitglied des FMH-Zentralvorstandes.
Die Ärzteschaft nehme bloss ihre medizinische Verantwortung wahr und behandle die Patienten, die Rat suchen, mit medizinischer Sorgfaltspflicht bei nahezu gleichbleibenden Kosten pro Patienten. Die FMH rechnet denn auch vor, dass die Kosten pro Patienten für ambulante Behandlungen in Arztpraxen letztes Jahr um 0,5 Prozent gesunken seien.

Schlechter Zeitpunkt für höhere Arztkosten

Die ausserordentlich hohe Zunahme der Patientenzahlen und damit der Arztkosten kommt für die FMH zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Sie plant nämlich, Ende dieses Jahr dem Bundesrat neue Arzttarife, den so genannten Tardoc, einzureichen.
  • ärzte
  • tarife
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Bundesrat regelt das militärische Gesundheitswesen

Bisher fehlten in der Schweiz spezielle Regeln für das militärische Gesundheitswesen. Nun will der Bundesrat diese Lücke füllen.

image

Hohe Auszeichnung für CHUV-Forscher

George Coukos wurde in die U.S. National Academy of Medicine für Krebsforschung gewählt.

image

Ex-BAG-Vizedirektor rügt hohe Kosten der Spezialärzte

Die Schweiz sei ein Paradies für Spezialarzt-Behandlungen, sagt der ehemalige BAG-Vize Oliver Peters. Weil es keine Kostenkontrolle gebe.

image

Chefarzt tritt nach 16 Jahren zurück

Das Kantonsspital Obwalden ist auf der Suche nach einem neuen Chefarzt für die Innere Medizin. Thomas Kaeslin will kürzertreten.

image

Aargau: Ärzteverbands-Präsident im Parlament

Bei den kantonalen Wahlen wurde Thomas Ernst als Vertreter der FDP in den Grossen Rat gewählt.

image

Ophtalmologen: «Werbung von Betterview ist unseriös»

Die Augenarzt-Gesellschaft wehrt sich gegen das Nicht-Verbands-Mitglied Betterview. Die Augenlaser-Kette mache unseriöse Werbung.

Vom gleichen Autor

image

Temporär-Arbeit in der Pflege: Ein Angebot mit Haken

Es gibt gute Gründe für Pflegefachleute, sich nur noch temporär anstellen zu lassen. Aber es gibt auch ein paar gute Argumente dagegen.

image

Medikamente: Diese fünf Irrtümer müssen alle kennen

Epinephrin statt Ephedrin? Solche Verwechslungen können tödliche Folgen haben. Gut zu wissen, wo die grössten Gefahren lauern.

image

SVAR: Neu kann der Rettungsdienst innert zwei Minuten ausrücken

Vom neuen Standort in Hundwil ist das Appenzeller Rettungsteam fünf Prozent schneller vor Ort als früher von Herisau.