«Diese Behandlungen Ihrer Augen sollten Sie vermeiden oder gut abwägen»: Mit diesem Hinweis will die Schweizerische Ophthalmologische Gesellschaft (SOG) Patienten ermutigen, nicht jede vorgeschlagene Behandlung unhinterfragt zu akzeptieren.
Die Top-5-Liste für Augenärzte
Folgende fünf Eingriffe am Auge bieten für viele Patienten laut diesen Empfehlungen keinen Mehrwert:
1. Bei einfacher Bindehautentzündung ist eine Behandlung mit Antibiotika oft nicht notwendig.
2. Ein routinemässiger Einsatz von antibiotischen Augentropfen vor einer Spritze ins Auge ist nicht erforderlich.
3. Blutverdünnende Medikamente sollten vor Operationen am Auge nur in Rücksprache mit dem Augen- und Hausarzt abgesetzt werden.
4. Bildgebende Untersuchungen sollten nur gezielt bei konkreten Fragestellungen eingesetzt werden.
5. Eine Operation des grauen Stars muss sorgfältig abgewogen werden.
Umstrittene Star-Operation
Am erstaunlichsten ist Punkt 5: Die mittlerweile als Routineeingriff geltende Operation des Grauen Stars – auch Katarakt-Operation genannt – sei nur in wenigen Fällen nötig, sagt die SOG. Häufig liege zwar eine Linsentrübung vor, räumen die Augenärzte ein. Doch wenn diese Trübung wenig Beschwerden mache, sei es besser, das Risiko einer Operation nicht einzugehen, auch wenn das Risiko gering wäre.
Ob eine Operation sinnvoll ist, hänge eher davon ab, wie sehr jemand durch die Linsentrübung gestört ist, welche Ansprüche man an das Sehen hat und welche Operationsrisiken im Einzelfall vorliegen. Zwingend ist eine Operation nur, wenn sonst bleibenden Sehschädigungen drohen.
Keine Antibiotika fürs Auge
Auf der Top-5-Liste der unnötigen Eingriffe rangieren auch zwei unnötige Antibiotika-Einsätze: Lokale Antibiotika bei einfacher Bindehautentzündung sind oft nicht nötig und können sogar schädlich sein. Die meisten Bindehautentzündungen werden nämlich nicht durch Bakterien verursacht, sondern eher durch Viren oder treten aufgrund einer äusseren Reizung auf.
Es ist auch nicht nötig, antibiotische Augentropfen vor einer Spritze ins Auge anzuwenden. Sie haben keinen Einfluss auf das Infektionsrisiko, können aber im Gegenzug resistente Keime fördern. Die ausführlichen Empfehlungen sind unter
www.smartermedicine.ch zu finden.
Die Leitlinien von «Smarter Medicine»
Die Schweizerische Ophthalmologische Gesellschaft (SOG) hat ihre Top-5-Liste mit dem Verein «Smarter Medicine – Choosing Wisely Switzerland» erstellt. Dieser Verein setzt sich nach dem Motto «weniger ist manchmal mehr» gegen medizinische Über- und Fehlversorgung ein.
Es gibt bereits 19 Top-5-Listen für verschiedene Fachbereiche, unter anderem auch für die Hausarztmedizin. Die Empfehlungen sind als Leitlinien zu verstehen. Ärzte und Patienten sollen damit zu einem gemeinsamen Entscheid finden können.