Heime: «Die Corona-Krise hinterlässt deutliche Spuren»

Umfragen zeigen, dass 85 Prozent der Angehörigen mit den Leistungen zufrieden sind. Die Krise hat jedoch ein Loch von insgesamt 385 Millionen in die Kassen gerissen.

, 3. Juni 2021 um 08:00
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«Die Situation in Alters- und Pflegeheimen entspannt sich weiter», so die gute Nachricht von Curaviva Schweiz. Doch es gibt auch eine schlechte: Wie der nationale Branchenverband der Institutionen für Menschen mit Unterstützungsbedarf in seinem Communiqué zu bedenken gibt, hat die  Corona-Krise deutliche Spuren in der stationären Pflege hinterlassen – nicht zuletzt bei den Finanzen. Das sollen Mitgliederumfragen des Branchenverbands sowie eine aktuelle Umfrage des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zeigen.

Mehrkosten von knapp 385 Millionen

«Die angespannte Lage in der ersten und zweiten Welle und das zum Teil wenig differenzierte Medienecho führten zu einem Rückgang der Heimeintritte», ist sich Curaviva Schweiz sicher. Viele Betroffene und deren Angehörige hätten zurückhaltend agiert. Dies, obwohl der Heimeintritt aufgrund des Pflegebedarfs und der Belastung der Betreuenden angezeigt gewesen wäre. Die BAG-Umfrage bestätigt: Fast zwei Drittel der Leitungspersonen aus Alters- und Pflegeinstitutionen stellten eine Abnahme der Neueintritte und der Bettenbelegung fest. 
Und: 80 Prozent verzeichnen zudem eine Verschlechterung der finanziellen Situation. Zwei Umfragen, die Curaviva Schweiz im Sommer 2020 sowie im März/April 2021 bei seinen Mitgliederinstitutionen durchgeführt hat, zeigen auf, dass
  • die geringere Bettenbelegung (minus 2,5 Prozentpunkte gegenüber 2019) zu Mindereinnahmen von 278 Millionen Franken führte und
  • die Mehraufwendungen ausserhalb der Pflegekosten knapp 107 Millionen Franken betragen.
Damit hat die Corona-Krise 2020 nicht gedeckte Gesamtkosten von insgesamt knapp 385 Millionen Franken verursacht; die wirtschaftlichen Einbussen würden sich bis Ende Februar des laufenden Jahres fortsetzen, so Curaviva Schweiz. 

Massnahmen gefordert

«Die Kantone und Gemeinden sollen je nach Zuständigkeit den betroffenen Betrieben finanziell Hand bieten», fordert Curaviva Schweiz. Die Klärung der seit Jahren drängenden Finanzierungsfragen sei noch wichtiger geworden. Zum Bericht über die finanziellen Folgen der Covid-19-Krise in Alters- und Pflegeinstitutionen geht es hier

Höhere Todesrate

Die Institutionen und die von ihnen begleiteten Menschen waren von der Pandemie stark betroffen: 49 Prozent der an Covid-19 verstorbenen Personen verbrachten ihren letzten Lebensabschnitt in einer Altersinstitution. Zum Vergleich: Laut Curaviva Schweiz liegt der Anteil an allen Todesfällen in einem regulären Jahr bei durchschnittlich 44 Prozent.
Darüber können sich die Institutionen freuen: Mit der Corona-Impfung hat sich die Situation, so Curaviva Schweiz, deutlich entspannt. Und: Laut der BAG-Umfrage «Situation von älteren Menschen und Menschen in Alters-, Pflege- und Betreuungsinstitutionen während der Corona-Pandemie» stellen 85 Prozent der Angehörigen den Alters- und Pflegeinstitutionen ein gutes Zeugnis im Umgang mit der Pandemie aus.
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