Es ist ein Ausnahmefall: In Berlin lähmt ein grosser Streik einen der grössten Spitalbetriebe Europas – und für einmal geht es nicht um mehr Geld, nicht um neue Leistungen, nicht um die Angst vor Arbeitsplatzabbau. Sondern an der Charité fordern die Streikenden mehr Personal. Sie wollen Verstärkung im Arbeitsalltag.
»Nicht der Streik gefährdet die Patienten, sondern der Normalzustand«, lautet dabei der Slogan der Gewerkschaft
ver.di.
Was ist der eigentliche Streikpunkt?
Die Pflegenden unter Führung der Gewerkschaft ver.di fordern Mindestbesetzungen in der Pflege. Und diese Minimalregelungen sollen durch den Tarifvertrag (GAV) festgelegt werden. Die Klinikleitung der Charité wiederum befindet, dies könne nicht durch einen sozialpartnerschaftlichen Vertrag in einem Haus geregelt werden, sondern nur durch Regeln auf nationaler Ebene respektive auf Ebene der Bundesländer. Oder anders: durch die Politik.
Welche Aufstockungen fordert das Pflegepersonal?
Die Streikenden legen einen konkreten Personalschlüssel vor: Sie fordern eine Pflegekraft auf fünf Patienten auf einer normalen Station. Auf Intensivstationen soll ein Personalschlüssel von eins zu zwei vereinbart werden.
Für die Charité würde dies 600 zusätzliche Stellen im Pflegebereich und Kosten bis 36 Millionen Euro bedeuten. «Dies ist im derzeitigen Finanzierungssystem für die Charité nicht bezahlbar und kann nur mit den Krankenkassen gelöst werden»,
schreibt die Charité in einer Mitteilung.
Pflegende streiken – wie geht das?
Der Streik ist nicht allumfassend: Bestreikt wird ein Drittel des Potentials des Spitalbetriebs (respektive von dessen Betten). Konkret: Rund 500 bis 600 Personen befinden sich im Ausstand – bei insgesamt 4'135 Pflegekräften in den drei Berliner Kliniken der Charité.
Die Geschäftsleitung der Charité befindet, der Ausstand gefährde die Patientensicherheit und die medizinische Versorgung «in hohem Masse». Deshalb rief sie das Berliner Arbeitsgericht an. Dieses jedoch beurteilte die Aktion als verhältnismässig.
Welches Ausmass nimmt der Streik an?
Der Streik ist unbefristet, die Gewerkschaft spricht von drei Streikwochen. In einer ersten Reaktion mussten rund 200 Operationen abgesagt werden. Auch Untersuchungen, die «dringlich notwendig sind», seien teilweise abgesagt worden, so die Charité. Entsprechend grösser ist der Patientenandrang in den anderen Berliner Kliniken.