Was das Diplom des Pflegepersonals mit den Todesfällen zu tun hat

Das Verhältnis zwischen ausgebildetem Pflegepersonal und Pflegehelfern entpuppt sich als kritischer Faktor – für die Unfallrate in einem Spital, für die Zufriedenheit der Patienten, aber auch für die Mortalität.

, 18. November 2016 um 08:11
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Schwer zu ersetzen: Ausgebildete Pflegefachfrau (Bild: Cesare Bargiggia, Twenty20)
Kann man den Pflegenotstand mit Hilfspersonal bewältigen? Wohl nur sehr begrenzt. «Unsere Resultate deuten an, dass Vorsicht geboten ist»: So lautet jedenfalls ein Satz in einer neuen Studie zu dieser Kernfrage des Gesundheitswesens.
Die Gross-Untersuchung ging der Frage nach, was geschieht, wenn sich der «Pflege-Mix» in den Spitälern verschiebt. Steigt das Risiko für die Patienten, wenn statt diplomierter Pflegefachleute mehr Hilfskräften im Einsatz sind? Sinkt die messbare Pflegequalität? Und wo liegen da Grenzen?
Unter Leitung von Linda H. Aiken von der University of Pennsylvania ging nun ein Team in einer grossen Querschnitt-Studie diesen Fragen nach. Mit dabei waren auch Vertreter der Uni Basel, so dass auch Schweizer Spitäler ausgemessen wurden.
Heraus kam: Wenn der Anteil der Pflege-Profis sinkt, so kann dies Auswirkungen auf die Mortalität haben. Erhoben wurden dabei Daten aus Belgien, England, Finnland, Irland, Spanien und der Schweiz, wobei in jedem Land die Aussagen von 30 Akutspitälern mit mindestens 100 Betten berücksichtigt wurden. Insgesamt wurden Aussagen von insgesamt 13'000 Nurses berücksichtigt, dann von 18'800 Patienten. Und die Forscher nahmen schliesslich auch die Entlassungsdaten von 275’000 Chirurgie-Patienten, inklusive der Todesfälle.
Am Ende zeigte sich:
  • Sterblichkeit: Je höher der Anteil gut ausgebildeten Pflegepersonals, desto tiefer die Sterblichkeit an einem Spital. Wenn der Anteil der ausgebildeten Personen beim Pflegepersonal um 10 Prozent stieg, lag die Mortalität um 11 Prozent tiefer.
  • Zufriedenere Patienten: Wenn der «nurse skill mix» um 10 Prozent stieg, sank der Anteil der Patienten, welche die Pflegequalität eines Spitals bemängelten, um 10 Prozent.
  • Entspannteres Personal: Mit einem höheren Anteil an ausgebildeten Pflegeprofis meldete das Personal selber seltener schlechtere Qualität. Auch klagten alle angestellten Pflegerinnen und Pfleger seltener über Unzufriedenheit im Beruf.
  • Weniger Einzelprobleme. Ein um 10 Prozent höherer Anteil an ausgebildeten Pflegeprofis hatte zudem zu signifikant weniger Fällen von Druckgeschwüren, Harnwegsinfektionen und Stürzen.
Die Ergebnisse erhärten ältere Studien, die ebenfalls einen Zusammenhang zwischen Pflegepersonal und Mortalität fanden. So zuletzt eine britische Auswertung der Daten aus über 150 Spitälern des NHS-Systems. Sie besagte: Wenn diplomierte Pflegefachleute in einem Spital sechs oder weniger Patienten zugleich zu betreuen hatten, war die Sterberate um zwanzig Prozent niedriger als dort, wo sie mehr als zehn Patienten behandeln mussten.
Damals ging es um das zahlenmässige Verhältnis von Pflegepersonal und Sicherheit. Die neue Erhebung besagt nun, dass die Ausbildung hier ebenfalls eine sehr kritische Grösse darstellt.

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