Schwäbisch für Ärzte: Wer «rotzla» muss, hat Schnupfen

Medizin-Personal hat es nicht einfach: Gut möglich, dass Patienten Wörter brauchen, die sie noch nie gehört haben. Im Allgäu gibt es deshalb einen Schwäbisch-Kurs.

, 24. Juli 2024 um 06:55
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Es macht auch Spass: Ein Arzt im Schwäbischkurs der Klinik Mindelheim lacht über eine Redewendung. | BR
Wenn Ärzte ihre Patienten nicht verstehen, wird es schwierig. Besonders dann, wenn die Patienten noch einen speziellen Dialekt wie das Schwäbische sprechen.

Die zwei Bedeutungen von «Rotz»

Ein Beispiel: Spricht eine Patientin von «rotzla», heisst das, dass sie einen Schnupfen hat. Doch Vorsicht: «Rotz» heisst zwar Nasenschleim. Und das Schwäbische hält sogar ein eigenes Wort bereit für den Tropfen, der einem manchmal an der Nase hängt: Das ist die «Rotzglocke».
Aber der «Rotzleffel» und der «Rotzbue» sind keineswegs krank – sondern sehr ungezogen.

«A gwampets Buatzala»

Das mit «Buatzala» ein Baby oder mit «gwampet» dick gemeint ist, dürfte sogar für Deutschsprachige nicht ganz einfach sein - geschweige denn für Fremdsprachige. Und davon hat es auch an den beiden schwäbischen Kliniken Mindelheim und Ottobeuren viele. Fast die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte kommen aus dem Ausland.
Der Klinikverbund Allgäu bietet deshalb seit Januar einen schwäbischen Dialektkurs für Ärztinnen und Ärzte an. Sie lernen alle zwei Wochen Wörter, aber auch sprachlich-kulturelle Traditionen und kulturelle Eigenheiten, wie der bayrische Rundfunk berichtete.

Schwäbischkurs gewinnt Dialektpreis

Der Kurs findet breite Anerkennung. Die Bayerische Landesärztekammer wertet ihn als medizinische Fortbildung und vergibt dafür einen Fortbildungspunkt.
Zudem wird der Kurs nun auch mit dem «Dialektpreis Bayern» ausgezeichnet, weil er zur Dialektpflege und Dialektforschung beiträgt.

Vermittelt auch lokale Kultur

Der Kurs soll nicht nur zur besseren Verständigung zwischen Medizinern und Patienten beitragen. Die Klinikverantwortlichen hoffen, dass die Ärztinnen und Ärzte mit dem Kurs auch die lokale Kultur besser kennenlernen.
So erfahren die Ärzte und Ärztinnen, dass die Schwaben oft vom Fuss sprechen, damit aber das ganze Bein meinen. Wichtig zu wissen, ist auch, wie sich Einheimischen über ihren Gesundheitszustand äussern. Etwa: «I bin ganz haudig beinand» (ich fühle mich sehr schwächlich). Oder «dia Erkäldung hot mi ganz sche beidelt» (die Erkältung hat mich sehr mitgenommen).

Schwaben loben wenig

Interessant für die Mediziner dürfte auch sein, dass sie gewisse kulturelle Eigenheiten der Schwaben kennen – etwa die, dass im Schwabenland gute Leistungen nicht speziell erwähnt werden. Das lernen sie mit dem schwäbischen Sprichwort «Net gschimpft is globt gnua».
  • spital
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