Je weniger Pflege-Fachleute, desto längere Spitalaufenthalte

Mit Team-Nursing können Spitäler viel Geld sparen. Doch eine US-Studie zeigt, dass die Patienten unter diesem Modell leiden.

, 24. Juli 2024 um 12:27
image
Team-Nursing mit ungelerntem Personal kostet die Spitäler nur auf den ersten Blick weniger Geld. Unter dem Strich ist weder den Patienten, noch den Spitälern oder den Krankenkassen gedient, besagt eine US-Studie. | Unsplash
Es ist ein verlockender Ansatz für Spitäler: Unter dem zunehmenden Spardruck setzen sie vor allem in den USA vermehrt wieder auf ein veraltetes Modell: das Team-Nursings.

Mehr unqualifiziertes Personal

Das bedeutet, dass eine vier-bis sechsköpfigen Gruppe mit einem Leiter die Pflege eines Patienten übernimmt. In diesem Team arbeiten Fachpersonal und nicht-qualifizierte Angestellte zusammen.
Weil bei diesem Modell ein Teil der besser bezahlten professionellen Pflegefachkräfte mit unqualifizierten und deshalb tiefer entlöhnten Angestellten ersetzt werden, können die Spitäler ihre Effizienz steigern und ihre Kosten senken. Allerdings nur auf den ersten Blick.

Mit Team-Nursing lässt sich nicht sparen

Eine Studie in den USA hat untersucht, was Team-Nursing für die Patienten, die Spitäler und die öffentliche Krankenversicherung tatsächlich bedeutet.
Analysiert wurden die Daten von 2700 Spitälern und 6,5 Millionen Patienten, die der öffentlichen Krankenversicherung Medicare angeschlossen sind.

So lauten die Resultate:

Senkten die Spitäler den Anteil von qualifizieren Pflegefachkräfte um zehn Prozentpunkte, so führte dies zu
  • einem 7 Prozent höheren Risiko, dass Patienten während des Spitalaufenthalts zu starben.
  • einem 1 Prozent höherem Risiko, dass sie innerhalb von 30 Tagen nach der Entlassung erneut eingewiesen zu werden.
  • 2 Prozent längeren Spitalaufenthalten.

Patienten weniger zufrieden

Signifikant sinkt auch die Patientenzufriedenheit. Ausserdem verursachen die vermeidbaren Todesfälle und Wiedereinweisungen der staatlichen Krankenversicherung Medicare zusätzliche Kosten von etwa 68,5 Millionen US-Dollar.
Aber auch den Spitälern bringt das System langfristig nichts. Sie können zwar mit einer zehnprozentigen Reduzierung des Fachpersonals rund 32 US-Dollar pro Patiententag sparen.

Spitalaufenthalt wird länger und teurer

Doch umgekehrt verlieren sie mehr Geld dadurch, dass die Patienten wegen der schlechteren Pflege länger im Spital bleiben müssen. Die Studie rechnet mit 66 US-Dollar weniger Einnahmen pro Patient und Tag. Die Studie rechnet damit, dass die Spitäler dadurch insgesamt rund 3 Milliarden US-Dollar verlieren.
Die Schätzungen der Studie basieren auf einer Reduktion des Fachpersonal-Anteils um nur 10 Prozentpunkte. Das Team Nursing-Modell sieht jedoch vor, dass das qualifizierte Personal sogar um 40 bis 50 Prozentpunkte reduziert wird. Das könnte noch schwerere menschliche und wirtschaftliche Konsequenzen haben», heisst es in der Studie.

Fazit: Kein gutes Geschäftsmodell

Die Studie kommt zum Schluss, dass das Team-Nursing in jeder Hinsicht kein gutes System sei. Auch wenn die Gesamtarbeitszeit des Pflegepersonals gleich bleibe, führe eine Verringerung des Anteils qualifizierter Pflegekräfte zu einer signifikanten Zunahme vermeidbarer Todesfälle, Wiedereinweisungen, längerer Krankenhausaufenthalte und geringerer Patientenzufriedenheit.
  • spital
  • forschung
  • pflegefachpersonal
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Gewerkschaft ist «entsetzt» über Nullrunde in Aargauer Spitälern

«Keinerlei Bereitschaft für Wertschätzung der Mitarbeitenden»: So kritisiert die VPOD die Aargauer Kantonsspitäler.

image

Keine Lohnerhöhung in Aargauer Akutspitälern

Die Angestellten der beiden Kantonsspitäler in Baden und Aarau müssen auf eine Lohnerhöhung verzichten.

image

Simulieren schafft Bewusstsein für die Pflege-Realität

Diese Zahl alarmiert: 40 Prozent der Pflegefachpersonen steigen in den ersten Berufsjahren aus. Am Swiss Center for Design and Health (SCDH) in Nidau bei Biel/Bienne können Entscheidungsträger:innen vorbeugen, indem sie unter Einbezug der Nutzenden im Massstab 1:1 bedürfnisgerecht planen.

image

Arzt des Spitals Muri freigesprochen

Ein Patient starb nach einer Leberbiopsie. Der Arzt habe nicht fahrlässig gehandelt, urteilte das Gericht.

image

Service-Personal zu Pflege-Personal

Die Helios-Kliniken in Deutschland haben eine neue Idee gegen den Fachkräftemangel: Sie entlassen externe Service-Angestellte. Und bieten ihnen dann eine Pflege-Ausbildung an.

image

Zollikerberg: Neuer Chefarzt und Klinikleiter Nephrologie

Robert Schorn wird per Anfang Juni 2025 Nachfolger von Jörg Bleisch.

Vom gleichen Autor

image

In der Rehaklinik üben Patienten mit einer App

Reha-Training mit dem Tablet: In der Klinik Tschugg analysiert der Computer unter anderem die Aussprache.

image

Psychiater schreibt den «Berset-Code»

Kein Krimi: In einer Woche erscheint ein Buch über den Ex-Gesundheitsminister Alain Berset. Der Psychiater Gregor Hasler hat es verfasst.

image

Kein Geld und keine Zusammenarbeit mehr mit Tabakindustrie

Deutsche Ärzte wollen sich nicht mehr von Tabakherstellern beeinflussen lassen. Sie haben deshalb einen neuen Kodex vereinbart.