Seit Februar
streiken die Ärzte in Südkorea immer wieder. Die Regierung will mehr Studienplätze schaffen. Die Jungärzte und -ärztinnen fürchten deshalb Einkommensverluste und protestieren gegen den Ausbau. Nun hat dieser monatelange Streik positive Auswirkungen auf das Pflegepersonal: Die Regierung verbessert dessen Stellung deutlich.
Mehr Verantwortung und mehr Lohn
Wie die
«New York Times» berichtete, gibt ein neues Gesetz den Pflegenden mehr medizinische Kompetenzen. Sie erhalten mehr Verantwortung, mehr Lohn und mehr Anerkennung.
Wie es so schnell zu diesem Entscheid kam? Der Ärztestreik führte in den Spitälern zu einem Personalnotstand. Deshalb erlaubten viele Kliniken den Pflegefachpersonen, neue Aufgaben zu übernehmen, die vorher üblicherweise Ärzte ausgeführt haben: Zum Beispiel das Legen von Kathetern, Blutuntersuchungen und das Ausstellen von Rezepten.
250'000 Pflegefachkräfte betroffen
Ein Teil des Pflegepersonals hat diese Aufgaben jedoch nur widerwillig übernommen. Die Pflegefachleute wollten - verständlicherweise - besser bezahlt und gesetzlich geschützt werden. In Südkorea gibt es nach Angaben der Regierung etwa 250’000 berufstätige Pflegefachpersonen.
Auf Druck des Pflegepersonals erarbeitete die Regierung einen Gesetzesentwurf. Dieser gibt den Pflegenden erweiterte Kompetenzen und bietet ihnen mehr rechtlichen Schutz. Sogenannte «Physician Assistant Nurses» (Assistenzpflegekräfte) dürfen bestimmte medizinische Verfahren durchführen, die traditionell von Ärzten ausgeführt werden. Sie dürfen Ärzte auch bei Operationen unterstützen. Die genauen Aufgaben muss die Regierung in einer Verordnung noch festlegen.
Flachere Hierarchie - bessere Effizienz
Das südkoreanische Parlament hat das neue Krankenpflegegesetz gegen die Opposition der Ärzteschaft im August 2024 verabschiedet. Es soll Mitte 2025 in Kraft treten.
Die Konsumentenschutzorganisation «Consumer Action for Future» zeigte sich erfreut: Das Gesetz würde «die Ethik und Qualität der Krankenpflege verbessern», was wiederum den Patienten zugutekomme.
«Nach vier Jahren Ausbildung Anerkennung verdient»
Auch die Pflegefachkräfte sind zufrieden. Die «New York Times» zitiert Ah Rim, eine 29-jährige Pflegefachfrau: «Ich habe vier Jahre lang die Krankenpflegeschule besucht und mehrere Prüfungen abgelegt, um die erforderlichen Fähigkeiten zu erwerben, aber wir haben bisher nicht die Anerkennung erhalten, die wir verdienen».
Die Pflegenden haben kein Verständnis für die Kritik der Ärzte. «Es gibt einen Ärztemangel, aber dann wollen sie nicht, dass das Pflegepersonal einige ihrer Aufgaben übernehmen», sagte die Präsidentin der Gewerkschaft gegenüber der «New York Times», «das verstehe ich nicht».
In der Schweiz: Noch nichts viel passiert
In der Schweiz zieht sich unterdessen die
Umsetzung der Pflegeinitiative in die Länge: Bereits 2021 wurde die Initiative angenommen. Doch konkrete Massnahmen lassen auf sich warten. Der Fachkäftemangel hat sich sogar noch zugespitzt.
Der Politologe Marc Bühlmann erklärte gegenüber
«SRF» die Verzögerung mit den naturgemäss längeren Wegen im politischen System. Eine Initiative sei nur ein Anstoss, und es brauche eine «gesetzgeberische Konkretisierung» durch das Parlament, gefolgt von neuen Kompromissen, um die Idee umzusetzen.
Oder einen Ärztestreik, wie in Südkorea.