Die heisse Diskussion um Insel-Premium-Abteilung

Darf ein Universitätsspital mit seiner Luxus-Abteilung die Allgemein-Abteilung sponsern? Ja, das sei sozial, finden Krankenkassen-Experten.

, 14. Februar 2024 um 07:06
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«Hochwertiger ausgestattete Zimmer», eine tolle Aussicht vom obersten Stock und längere Visiten vom persönlichen Kaderarzt: Das erhalten Halbprivat- und Privatversicherte in der neuen Premium-Abteilung des Berner Inselspitals. | Insel
Der Gesundheits-Ökonom Heinz Locher kritisierte auf Medinside das Berner Inselspital: In dessen neuen Premium-Abteilung dürfen Zusatzversicherte im obersten Stock eine schönere Aussicht geniessen – aber auch bessere Behandlung.
Medinside will Raum für eine offene Diskussion dieser Frage bieten. Denn bei solchen Abteilungen geht es nicht nur um die schönere Aussicht für Besserzahlende, sondern auch um Zweiklassen-Medizin und medizinische Ethik.
Zwei Krankenkassen-Experten können die ablehnende Haltung von Heinz Locher nicht nachvollziehen: der ehemalige Sanitas-Chef Otto Bitterli und Felix Schneuwly. Als Krankenkassen-Vertreter finden sie die neue Premium-Abteilung gut – ja sogar sehr sozial. Denn so mache das Spital mit seiner Allgemein-Abteilung weniger Defizit.

«Akzeptierte Quersubventionierung»

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Otto Bitterli
Otto Bitterli ist sogar überzeugt davon, dass die Schweiz nur deshalb Spitzenmedizin anbieten könne, weil diese von den Zusatzversicherten massiv quersubventioniert werde. Er fände es politisch «schlichtweg dumm, auf diese akzeptierte Quersubventionierung zu verzichten».
Gemäss Bitterli wäre die unerwünschte Folge davon, dass die vermögenden Menschen andere spitzenmedizinische Behandlungsmöglichkeiten im Ausland in Anspruch nehmen – «und leider nicht mehr in der Schweiz».

Wer mehr bezahlt, bekommt mehr

Auch der Comparis-Krankenkassenexperte Felix Schneuwly findet es gut, «wenn sich die Menschen, die sich in der Halbprivat- und Privatabteilung mehr gönnen, mehr bekommen und auch mehr bezahlen».
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Felix Schneuwly
Seine einzige Bedingung für solche Zwei-Klassen-Behandlung: Die Menschen, welche sich nur die Grundversicherung leisten können, müssen medizinisch gut versorgt werden und sich nicht an den Zusatzkosten der Menschen in der Halbprivat- und Privatabteilung beteiligen müssen.
Schneuwly ist überzeugt: «Wenn ein öffentliches Spital wie die Insel mit diesen Leuten Gewinne erzielt, ist das doch sehr sozial, denn es gibt ja keine Aktionäre, die Dividenden bekommen. Ohne diese Gewinne wäre das Defizit einfach höher.»
Sowohl Bitterli als auch Schneuwly sehen die Premium-Abteilung also als Mittel, Spitäler sozialer zu finanzieren.

Gegen «Robin-Hood-Finanzierung»

Was sagt der Gesundheits-Experte Heinz Locher – der das Inselspital kritisiert hat – dazu? Er hält das Angebot nach wie vor für völlig verkehrt: «Den Robin Hood zu spielen, der den Reichen nimmt und den Armen gibt, führt im Spitalbereich nur zu Problemen.»
Die so genannten Reichen seien sehr unterschiedlich verteilt. «Das Umverteilen hat dazu geführt, dass die Basistarife generell gekürzt wurden. Das hat fatale Folgen für Spitäler mit einem geringen Anteil an Zusatzversicherten.» Die Quersubventionierung von Allgemein-Abteilungen mit Luxus-Abteilungen sei deshalb nicht nachhaltig.

Klare Vorgaben

Locher mahnt ausserdem, dass das Gesetz – anders als die Meinungen der Krankenkassen-Experten – klare Vorgaben mache: Mit den Zusatzversicherungstarifen dürfen Spitäler keine Quersubventionierungen machen. Andernfalls sind die Tarife missbräuchlich.
Damit spielt Locher auf Massnahme Nummer 28 von insgesamt 38 Massnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen an, welche 2017 von einer Expertengruppe formuliert worden sind.
Die wichtigste Massnahme, so ist Locher immer noch überzeugt, fehle allerdings im Bericht. Sie laute: «Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen. Die Gesetzgebung ist verbindlich und inskünftig einzuhalten. Ihre Missachtung wird sanktioniert.»
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