Ist das noch Pflege oder ist es Bildschirmarbeit?

Das Luzerner Kantonsspital investiert in die virtuelle Pflege – in die Patientenbetreuung am Computer. Nicht alle Pflegefachleute freut das.

, 9. April 2025 um 09:56
image
Zweimal Pflege: Real am Bett des Patienten (oben) und virtuell am Computer und per Video (unten). | Luks
Es ist eine neue Art der Patientenbetreuung: Am Standort Luzern lässt die LUKS-Gruppe sechs spezialisierte Pflegefachleute an Bildschirmen EKG-Kurven und Vitalparameter von Patienten mit kardiologischen Problemen überwachen. Die Pflegefachleute nutzen auch ein Video-Überwachungssystem. Bei Bedarf können sie einen Alarm auslösen. Das Spital erwägt, auch Sitznachtwachen mit der Computer-Überwachung zu ersetzen.
Michael Döring, Chief Nursing Officer der LUKS Gruppe, ist des Lobes voll für Virtual Care: Sie sei eine grosse Chance. «Digitale Lösungen ermöglichen es uns, unsere Patientinnen und Patienten gezielter und individueller zu betreuen. Dies verbessert nicht nur die Sicherheit, sondern entlastet auch unser Pflegepersonal zukünftig im Alltag», sagte er.

Zu viel Bildschirmarbeit

Allerdings sehen das nicht alle Pflegefachleute so durchwegs positiv. Schon jetzt beklagen sich viele von ihnen über zu viel Bildschirmarbeit und zu wenig Zeit für die Patienten. Dass sich die echten Kontakte mit den Patienten mit virtueller Pflege zusätzlich verringern, erweckt bei einigen Besorgnis.
Yvonne Ribi, die Geschäftsführerin des Schweizer Berufsverbands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK), hat Verständnis dafür, dass diese Entwicklung für einen Teil der Pflegefachleute «eher schwierig» sei. Es gebe aber sicher auch Kolleginnen und Kollegen, die sich für solche Rollen im Bereich der digitalen Transformation interessieren würden. «Für den SBK ist es wichtig, dass alle mitgenommen werden», sagt Ribi.

Nützlich für Routinearbeiten

Medinside fragte Yvonne Ribi, ob virtuelle Pflege die Pflegefachleute tatsächlich entlaste oder nicht einfach eine Verschiebung der Arbeit vom Patientenbett an den Bildschirm zur Folge habe. Dazu sagt die SBK-Geschäftsführerin: «Wenn durch das Wegfallen von Routinearbeiten mehr Zeit für gezielte pflegerische Arbeit frei wird, hat es einen positiven Effekt. Wenn die Tools aber Mehraufwand generieren oder nicht funktionieren, bewirken sie das Gegenteil.»
Digitale Pflege müsse nützlich für die Patienten sein und in den Abläufen für die Gesundheitsfachleute einen Mehrwert bringen. Die virtuelle Pflege im Luks kennt sie zu wenig, um sie im Detail beurteilen zu können.

Die virtuellen Pflegefachleute werden kommen

Sie ist sich bewusst, dass sich in den nächsten Jahren das Berufsbild der Pflege ändern wird. «Die Arbeit mit und bei den Menschen ist und bleibt die zentrale pflegerische Tätigkeit. Die wird auch weiterhin notwendig sein. Aber es ist wichtig, dass wir die Menschen in der Pflege befähigen, mit den digitalen Möglichkeiten umzugehen. Dass sich darauf neue Rollen entwickeln, ist abzusehen.»

Artikel teilen
  • Share
  • Tweet
  • Linkedin
  • Whatsapp
  • Telegram
Kommentar

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Was ist Ihr Beruf?

Wo arbeiten Sie?*

undefined
undefined

*Diese Angaben sind freiwillig. Sie bleiben im Übrigen anonym.
Warum bitten wir Sie darum? Medinside bietet Ihnen die Informationen und Beiträge kostenlos. Das bedeutet, dass wir auf Werbung angewiesen sind. Umgekehrt bedeutet es idealerweise auch, dass Ihnen auf Medinside möglichst nur Werbung gezeigt wird, die zu Ihnen passt und die Sie interessant finden könnten.
Wenn wir durch solche Erhebungen Angaben über das allgemeine Profil des Medinside-Publikums gewinnen, nützt dies allen: Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, uns und unseren Kunden. Vielen Dank!


Mehr zum Thema

image

Pflege im Fokus: Zentralschweizer Spitäler starten Video-Kampagne

Die Spitäler der Zentralschweiz lancieren eine Video-Kampagne, in der Pflegende selbst Regie führen.

image

Was tun gegen die Personalnot? Mehr Macht für die Pflege.

In Frankreich werden die Kompetenzen der Pflegefachleute bald drastisch erweitert. Die Nationalversammlung hat ein entsprechendes Gesetz durchgewunken – einstimmig.

image

Covid: Eine Patentlösung für Pflegeheime gab es nicht

Die Pflegeheime standen in der Pandemie an vorderster Front. In Genf ging nun eine Studie der Frage nach: Was hätten sie besser machen können?

image

Pflege plus Integration: Freiburg startet Pilotprojekt

Der Kanton reagiert auf den Pflegepersonal-Mangel mit einer Spezial-Ausbildung: Sie verbindet Sprachunterricht mit beruflichem Einstieg in Pflegeheimen.

image
Die Schlagzeile des Monats

«Niemand kam und sagte: Schön bist du da»

In unserer Video-Kolumne befragen wir Experten aus der Branche zu aktuellen Themen. Diesmal: Alessia Schrepfer, Gründerin und Co-Chefin von WeNurse.

image

Die Ankündigung der Zürcher Spitäler bezüglich Temporärarbeit ist kontraproduktiv

Die Absprache der Zürcher Spitäler, auf Temporärarbeitende zu verzichten, ist kontraproduktiv und gefährdet die Patientensicherheit. Die Temporärarbeit ist ein bewährtes Mittel gegen den Fachkräftemangel, indem Pflegekräfte flexibel bleiben und jederzeit in den Beruf wieder einsteigen können.

Vom gleichen Autor

image

Alles was Recht ist in der Medizin

Den neuen Leitfaden für Rechtsfragen im ärztlichen Alltag gibt es nun kostenlos im Internet.

image

Neuer Chef für Zürcher Spitalinformatik-Anbieter Cistec

Cistec, Anbieter des Klinikinformationssystem Kisim, wechselt seinen CEO: Stefan Müller ersetzt Andreas Kundert.

image

In dieser Halle werden Spitäler designt

Das Spital Bülach, das Spitalzentrum Biel und der Innovation-Hub Genolier sind Kunden des Swiss Center for Design and Health im bernischen Nidau bei Biel.