Der Kanton St.Gallen wollte das Spital Wattwil zusammen mit dem Pflegeheimbetreiber Solviva in ein Kompetenzzentrum für Gesundheit, Notfall und spezialisierte Pflege (GNP) umwandeln. Das Projekt wird nun aber nicht mehr weiterverfolgt,
wie der Kanton und das Pflegeunternehmen am Dienstag mitteilen. Als Grund wird die «fehlende politische Unterstützung» der Gemeinde Wattwil genannt.
Die Regierung hatte dem Gemeinderat Wattwil angeboten, dass der Kanton das Grundstück des Spitals an die Gemeinde rückübertragen würde. Die Gemeinde wiederum hätte das Spitalgebäude im Gegenzug im Baurecht an Solviva übergeben müssen. Das Gremium hat sich mit dieser Lösung nicht einverstanden erklären können. Für das private Unternehmen wiederum, das sich aus dem Projekt zurückzieht, gehört das Eigentum der Liegenschaft zur Unternehmensstrategie.
Wattwil präsentiert bereits eine Nachfolgelösung
Die Regierung sieht für die Nutzung der Liegenschaft nun die Standortgemeinde Wattwil in der Verantwortung. Es werde erwartet, dass der Gemeinderat eine Nachfolgelösung zur Nutzung der Spitalimmobilie präsentiere, schreibt der Kanton. Die Regierung werde keinen alternativen Vorschlag unterbreiten, das Spitalgebäude aber an die Gemeinde verkaufen.
Offenbar zeichnet sich bereits eine Lösung ab: Der Gemeinderat Wattwil hat laut einer Mitteilung mit der Berit Klinik Gruppe «eine Absichtserklärung» abgeschlossen. Das Unternehmen wolle in Wattwil ein medizinisches Zentrum mit ambulanter Tagesklinik sowie «allenfalls weiteren Leistungselementen» für die regionale Bevölkerung anbieten. Berit führt Kliniken in Speicher und Niederteufen sowie ein Ärztezentrum in Arbon und ist spezialisiert auf die Fachgebiete Orthopädie, Wirbelsäulenchirurgie und Rehabilitation. Im vergangenen Jahr übernahm sie die Klinik St. Georg in Goldach.
Das Pflegeunternehmen Solviva, das erst vor kurzem seinen Sitz von Zug nach Bern verlegt hat, hätte am Standort in Wattwil rund 40 Betten für die spezialisierte Langzeitpflege betrieben. Geplant waren zudem medizinische und therapeutische Angebote, etwa für Personen mit Langzeitbeatmung, Para- oder Tetraplegie oder Muskelerkrankungen. Für den Ausbau waren Investitionen von 20 Millionen Franken vorgesehen.
Spitalbetrieb wird früher nach Wil verschoben
Und wie geht es mit der Notfallversorgung nun weiter? Der Kanton werde die niedergelassene Ärzteschaft in der Sicherstellung im Toggenburg unterstützen, heisst es. Nach den Sommerferien soll es Gespräche mit den Ärzten geben, um eine neue Lösung zu finden. Die Spitalregion Fürstenland Toggenburg hätte mit der Solviva-Variante gemeinsam mit der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten ein 24h-Notfallfallzentrum mit zusätzlich vier bis sechs Betten betreiben wollen.
Wie lange zudem der Spitalbetrieb in Wattwil aufrecht erhalten werden könne, sei stark abhängig von der weiteren Entwicklung der Personalsituation. Diese sei aufgrund der anhaltenden Unsicherheiten bereits seit Anfang Jahr durch eine hohe Fluktuation geprägt, schreibt der Kanton. Eine frühere Verschiebung des Betriebs nach Wil ist gemäss Mitteilung aus heutiger Sicht wahrscheinlich. Ursprünglich war vorgesehen, Teile des stationären Angebotes im Herbst 2023 nach Wil zu verlagern und Wattwil bis 2024 in das Kompetenzzentrum umzuwandeln. Soweit kommt es nun nicht.