Im letzten Sommer wurde die Transparenzinitiative konkret: Da veröffentlichten 59 Pharmafirmen in der Schweiz, welche Summen sie welchen Ärzten und Medizin-Institutionen 2015 überwiesen hatten – als Spesen, für Vorträge, als Spenden, für Forschungsaufträge, als Beratungshonorare et cetera.
Transparent, aber nicht ganz
Noch etwas mehr Klarheit entstand, als die Zeitschrift «Beobachter» zusammen mit der deutschen Recherche-Plattform «Correctiv» all die Listen neu bündelte und veröffentlichte: Auf einer allgemein
zugänglichen Datenbank kann man seither also Ärzte, Spitäler und Institutionen suchen – über den Namen, aber auch über Adresse oder Wohnort.
Ganz durchsichtig wurde die Sache damit aber nicht. Denn einerseits machten nicht alle Pharmafirmen mit (allerdings die meisten); und andererseits blieb es den empfangenden Ärzten und Institutionen freigestellt, ob ihre Zuwendungen publiziert werden. Und tatsächlich gab bloss eine Minderheit von etwa 30 Prozent ihr Einverständnis zur Veröffentlichung.
Wir wollen auch rein!
Die offene Frage ist also bis heute, ob ein Arzt nicht in den Datensätzen auftaucht, weil er vielleicht besonders eng verhängt ist mit der Industrie und dies nicht an die grosse Glocke hängen will. Oder ob das Gegenteil gilt: Er taucht nicht auf, weil er gar nichts empfangen hat.
Und so gab es bei
«Correctiv» in Deutschland eine bemerkenswerte Reaktion: Es meldeten sich viele Ärzte, die ebenfalls in der Transparenz-Datenbank erscheinen wollen – mit dem Eintrag: «Null Euro». Das heisst: Sie wollten öffentlich machen, dass sie kein Geld von den Konzernen annehmen.
400 Ärzte in zwei Tagen
Also startete die Recherche-Organisation vor drei Tagen das nächste Datenbank-Projekt: die
«Null-Euro-Ärzte». Dort kann sich ab sofort eintragen lassen, wer im abgelaufenen Jahr keine Zuwendungen von Pharma- oder Medtech-Firmen erhalten hat, etwa als Forschungs-, Beratungs- oder Vortrags-Beiträge.
Und siehe da: Die Sache stösst wohl wirklich auf ein Bedürfnis. In den ersten 48 Stunden nach der Veröffentlichung des neuen Datenbank-Projekts trugen sich in Deutschland mehr als 400 «Null-Euro»-Ärztinnen und -Ärzte ein; dies gab
«Correctiv» am Mittwoch bekannt.
Und jetzt die «Null-Franken-Ärzte»
Man kann das Projekt nun als Angebot verstehen – quasi als Schaufenster. Oder aber man empfindet es eher als Druckmittel – als eine Art Pranger mit umgekehrtem Vorzeichen. Am Ende wird wohl die Nutzung weisen, wie sich die Mediziner dazu stellen, aber auch weitere Leistungserbringer im Gesundheitswesen. Jedenfalls sollen sich in der «Null Euro»-Datenbank auch andere Institutionen wie Spitäler, Kliniken oder Verbände eintragen dürfen.
Und dies gilt auch für die Schweiz: Das Projekt wird im Verlauf des Juni hier ebenfalls starten. Wie schon bei der ersten Mediziner-Transparenz-Datenbank bietet der «Beobachter» die Plattform, auf der die «Null-Franken-Ärzte» gross gemacht werden sollen.