Suchtzentrum will Angebot für Anabolika-Konsumenten öffnen

Anabolika vom Schwarzmarkt enthalten meistens gefälschte Wirkstoffe oder eine Über- oder Unterdosierung. Dies zeigt eine Studie von Arud, dem Zentrum für Suchtmedizin.

, 16. August 2022 um 13:00
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Der Einsatz von Anabolika ist vor allem in der Bodybuilding-Szene verbreitet. | Symbolbild Pxhere
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Philip Bruggmann | zvg
Viele Anabolika-Konsumenten gehen ein hohes gesundheitliches Risiko für mehr Muskeln ein. Arud, das Zentrum für Suchtmedizin, hat für eine Analyse über 5’400 Proben aus mehreren Studien systematisch untersucht. 
Es zeigten sich bei 36 Prozent der auf dem Schwarzmarkt besorgten Ware gefälschte Wirkstoffe und bei zusätzlichen 37 Prozent eine Unter- oder Überdosierung. Teilweise wurden auch weitere, nicht deklarierte Wirkstoffe gefunden.
Das kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, erklärt Arud-Co-Chefarzt Philip Bruggmann. «Der Gebrauch von hochdosierten Anabolika über einen längeren Zeitraum kann zu Herzproblemen, Unfruchtbarkeit sowie dem Wachstum der Brustdrüsen führen». Der Konsum stelle ausserdem ein Risiko für diverse Krebserkrankungen dar und führe darüber hinaus zu psychischen Erkrankungen und zu einer Entwicklung eines problematischen Substanzkonsum.
In der Schweiz konsumieren geschätzt mehr als 200'000 Menschen im Verlauf ihres Lebens Anabolika. Der grösste Teil des Konsums liegt ausserhalb des Spitzensports und soll im Bereich des Krafttrainings für eine zügige Zunahme von Muskelmasse sorgen. Die verwendeten Produkte werden zumeist auf dem Schwarzmarkt im Internet oder bei Dealern besorgt. Der Schwarzmarkt von Anabolika in der Schweiz weisst gemäss abgefangener Sendungen durch den Schweizer Zoll auf ein Multimillionen Franken Geschäft hin.

Es fehlt eine Beratung und Betreuung

Das Problem ist dabei, dass eine Grosszahl der Anabolika-Konsumenten sich nicht in medizinischer Kontrolle befindet. So kann ein Absetzen von anabolen Steroiden zu akuten Entzugserscheinungen mit markanten Absetzphänomenen führen, weshalb dies unter medizinischer Begleitung erfolgen sollte.
Auch ein sogenanntes «Drug-Checking», wie es das für psychoaktive Substanzen gibt, existiert noch nicht. Medizinische Versorgungstellen, die das nötige Know-How für eine solide Beratung und Betreuung aufweisen und bei denen Anabolika-User vorurteilsfrei begegnet wird, sind bisher rar, wie Arud weiter schreibt.

Spezialisten aus unterschiedlichen Fachbereichen

Das Zentrum für Suchtmedizin will dem nun Abhilfe schaffen und prüft aktuell, das Angebot für Konsumenten von Anabolika zu öffnen. Die FMH-anerkannte Weiterbildungsstätte für Abhängigkeitserkrankungen aus dem Kanton Zürich will mit ihren Spezialisten aus unterschiedlichen Fachbereichen den Konsumenten zur Verbesserung der psychischen und körperlichen Gesundheit zur Seite stehen.


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