Es war erwartet worden, es war offen angekündigt: Nachdem sich die Tarifpartner nicht auf einen neuen Ärztetarif Tarmed einigen konnten, macht der Bundesrat von seiner subsidiären Kompetenz Gebrauch: Er hat diverse Anpassungen beschlossen, welche die Transparenz steigern sowie Fehlanreize ausmerzen sollen – und die den Ärztetarif zeit- und sachgerechter machen müssten.
An der Pressekonferenz zum Thema nannte Alain Berset, der zuständige Bundesrat, einige konkrete Details aus dem Paket:
- Postdoc-Zusatzausbildungen sollen nicht mehr zusatzvergütet werden. Neu wird entsprechend dem Medizinalberufegesetz eine einheitliche Dauer der Weiterbildung vorausgesetzt. Die Idee dahinter: Im heutigen System erhalten die Spezialisten höhere Vergütungen als Grundversorger wie Kinder- und Hausärzte – was angesichts der Kosten wie der Versorgungslage falsche Anreize schafft.
- Mit diversen Korrekturen wird auf den medizinisch-technischen Fortschritt der letzten Jahre reagiert. Als Beispiel nannte Berset die Kataraktoperationen: Deren Dauer hat sich in den letzten Jahren halbiert – so dass hier nun, mit dem neuen Tarmed, eine deutlich tiefere Minutage gelten soll. Der abrechenbare Zeitaufwand wird also gesenkt.
- Auch soll nicht die Arbeit von medizinischen Fachpersonen über den Ärztetarif honoriert werden. Das Beispiel dazu: Bei CT- und MRI-Scans darf der Radiologe keine Zeit mehr berechnen, da er nicht anwesend ist.
- Als Beispiel für die angestrebte Sachgerechtigkeit erwähnte der Bundesrat die Notfall-Vergütungen. Hier werden ebenfalls Anpassungen installiert. Hat ein Ambulantorium die Betreuung von Notfallpatienten als Kernaufgabe – beispielsweise eine Bahnhof-Permanence –, so soll sie künftig nicht mehr Notfall-Tarife berechnen können. Diese bleiben reserviert für Sonderleistungen in traditionellen Praxen.
- Als weiteres Beispiel nannten die Bundesvertreter in Bern schliesslich die eifrig diskutierten «Leistungen in Abwesenheit des Patienten». Alle Tarifpositionen, bei denen die Ärzte ohne Patientenkontakt abrechnen, sollen künftig präziser festgelegt und limitiert werden. Damit sollen Patienten wie Versicherer eine bessere Kontrolle über die Rechnungen erhalten.
Künftig müsse Arzt in der Abrechnung detaillierter definieren, welches denn die konkreten Schritte waren: Las
700 Millionen Franken Einsparungen
Spürbar wurde dabei, dass der Bundesrat hier der Argumentation von Santésuisse folgte: Auch Alain Berset deutete an, dass die patientenfernen Tarifpositionen von vielen Ärzten wohl missbräuchlich eingesetzt worden seien. Es sei feststellbar, dass die Leistungen in Abwesenheit der Patienten in den letzten zwei Jahren deutlich gestiegen sind. «Diese Positionen werden offenbar dazu genutzt, die Reduktionen der Tarifanpassung von 2014 zu kompensieren».
Insgesamt erwartet der Bundesrat beziehungsweise das BAG, dass die Prämienzahler mit dem jetzt gestarteten Tarifpaket rund 700 Millionen Franken pro Jahr einsparen könnten.
Die Anpassungen gehen nun in die Vernehmlassung und sollen im Januar 2018 in Kraft treten – sonst würde es ab Anfang 2018 keine gemeinsam vereinbarte Tarifstruktur geben.
Klar sei, dass es sich um eine Übergangslösung handle, so Alain Berset: Die Tarifpartner stünden weiterhin in der Verantwortung, gemeinsam den Tarmed zu revidieren und dem Bundesrat zur Genehmigung zu unterbreiten.