Richtiges Terminmanagement in Arztpraxen kann helfen, lange Wartezeiten für Patienten zu vermeiden. Denn die Wartezeit ist für die Mehrheit der Patienten ein überaus wichtiger Faktor für die Zufriedenheit. Dies bestätigt der diesjährige
Wartezeitbericht der amerikanischen Healthcarefirma Vitals. Demnach hat jeder Dritte der befragten Patienten angegeben, er habe eine Arztpraxis schon einmal verlassen, weil er oder sie zu lange im Wartezimmer Geduld üben musste. Mehr noch: Jeder fünfte Patient hat deswegen sogar gleich den Arzt gewechselt.
Wie lange diese verärgerten Patienten im Warteraum genau verweilen mussten, ist in der Analyse nicht festgehalten. Bekannt ist allerdings die durchschnittliche Wartezeit in den USA: Sie liegt derzeit bei exakt 18 Minuten und 13 Sekunden. Dies entspricht einem Minus von 22 Sekunden gegenüber dem Vorjahr – um noch etwas genauer zu sein. Zum Vergleich: In der Schweiz werden immer wieder Wartezeiten zwischen 15 bis 17 Minuten genannt.
Kurze Wartezeiten – hohe Bewertung
Es erscheint logisch, dass die Wartezeiten in den Räumen der Praxen nicht nur die Patienten-Zufriedenheit beeinflussen, sondern auch die Bewertungsnoten für Ärzte. Denn hier gibt es einen kausalen Zusammenhang: So hatten «Fünf-Sterne-Ärzte» – die höchste Bewertung – eine durchschnittliche Wartezeit von 13 Minuten und 17 Sekunden, während «Ein-Sterne-Ärzte» im Schnitt ihre Patienten mehr als 34 Minuten warten liessen. Jeder verlorene Stern im Notensystem war mit einem zunehmenden Anstieg der Wartezeit verbunden.
- 5 Sterne : 13 Minuten 17 Sekunden
- 4 Sterne: 21 Minuten 32 Sekunden
- 3 Sterne: 22 Minuten 11 Sekunden
- 2 Sterne: 29 Minuten 34 Sekunden
- 1 Stern: 34 Minuten 11 Sekunden
Überraschenderweise ertragen Menschen mit schlechtem Zugang zur Gesundheitsversorgung kaum lange Wartezeiten, wie die Vitals-Umfrage weiter zeigt. Über die Hälfte dieser Gruppe gab an, aufgrund langer Wartezeiten eine Arztpraxis verlassen zu haben. Bei Patienten, die nach eigenen Angaben einen hervorragenden Zugang zur Versorgung haben, waren es lediglich 20 Prozent.
Däumchen drehen und in die Luft starren?
Der Report, der aus Antworten von über 670 Online-Teilnehmern besteht, zeigt ferner, welche Rolle die geographische Region in den Vereinigten Staaten spielt. So weist Wisconsin mit 13 Minuten und 23 Sekunden die kürzeste durchschnittliche Wartezeit aller Bundesstaaten auf. Die längste Durchschnittszeit wurde in Alabama gefunden: 22 Minuten und 19 Sekunden.
Der Wartezeitbericht, bereits zum 9. Mal publiziert, gibt schliesslich Aufschluss darüber, wie die Patienten im Wartezimmer ihre Zeit vertreiben. Im digitalen Zeitalter erstaunt es nicht, dass knapp die Hälfte auf irgendein elektronisches Gerät starrt. Doch trotz Smartphone und Co. blättert die andere Hälfte währen dem Warten in den Zeitschriften und Hochglanzmagazinen. Ein durchaus guter Grund für Artzpraxen, Zeitschriften vorerst weiterhin zu abonnieren. Zwar gelten die Resultate für die USA, doch in der Schweiz dürfte dies wohl kaum anders sein.
Dieser Trick hilft
Gründe für die Wartezeiten in Arztpraxen gibt es freilich viele: andere Patienten, die zu spät kommen, Stau, Notfälle oder komplizierte Geschichten, die einen Rückstau verursachen. Vielleicht ist aber auch mitunter die (zu) lange Plauderei zwischen Arzt und Patient ein Grund, der den Zeitplan zurückdrängt? Gewiss: Ein Arztbesuch ist nicht mit einem Hypothek-Abschluss bei einer Bank gleichzusetzen, dennoch sollten Ärzte ihre Praxis aber so organisieren, dass für ihre Patienten keine langen Wartezeiten entstehen.
Denn dauerhaft (zu) lange Wartezeiten sind immer auch ein mögliches Indiz für eine ineffiziente Praxisorganisation. Eine magische Gleichung dafür gibt es allerdings nicht. Hansruedi Federer, Unternehmensberater für Ärzte und Praxen, empfiehlt etwa den Zeitaufwand pro Patient zu planen und Zielvorgaben zu setzen. Dabei helfe eine aktive Terminvergabe, um Engpässe im Terminplaner zu verhindern, wie er
auf seiner Firmen-Webseite schreibt. Federer schlägt beispielsweise vor, einen Trick aus dem Verkauf anzuwenden. Statt zu fragen «welcher Termin passt Ihnen?», sollte man den Patienten besser zwei oder drei Termine zur Auswahl anbieten: einmal den gedanklichen Wunschtermin, an dem man den Patienten gerne einplanen würde und zwei «Mondtermine», die der Patient nur mit überdurchschnittlichem Aufwand wahrnehmen könne. In den meisten Fällen werde dann der Patient laut Hansruedi Federer den Plantermin wählen, weil er die Wahl selbst getroffen hat.