Schweizer Frauen werden im Mittel 84,5 Jahre alt, die Männer 80,1. Die Lebenserwartung ist seit Jahrhunderten im Steigen begriffen. Das ist nicht nur in der Schweiz so, sondern rund um den Globus.
Angesichts des medizinischen Fortschritts und gesunder Ernährung gilt es fast als Naturgesetz, dass die Lebenskurve stetig aufwärts zeigt. Weltweit gehen Gesundheitspolitiker und Mediziner denn auch automatisch von einer weiteren Alterung der Bevölkerung aus.
Wissenschaftler der
Stony Brook University in New York skizzieren nun aber ein anderes Szenario. Demnach kommt die Wende früher, als manchem lieb sein kann. Die Berechnungen wurden im Fachjournal
«PLOS» veröffentlicht.
Warren C. Sanderson, Sergei Scherbov, Patrick Gerland: «Probabilistic population aging» in: «PLOS ONE», Juni 2017Wende im Jahr 2040
«Wir können mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in Ländern wie Deutschland, China und den USA im Jahr 2098 tiefer liegt als heute», schreibt Wirtschaftsprofessor Warren Sanderson.
Konkret erreicht die Alterung in Deutschland im Jahr 2040 den Spitzenwert und wird anschliessend zurückgehen. Für China wird der Peak fürs Jahr 2070 vorausgesagt. In den USA ist die Alterung der Bevölkerung jetzt schon praktisch am Limit.
Neue Berechnungsmethode
Die Studie unterscheidet sich laut Sanderson nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ von früheren Berechnungen. Die Wissenschaftler haben neue Prognosen der UNO über die wahrscheinliche Bevölkerungsentwicklung mit eigenen, neuen Alters-Messmethoden kombiniert.
Die Länder USA, Deutschland und China wurden darum untersucht, weil sie sich durch ihre unterschiedliche Population für die Modellberechnungen eignen. Auch der Iran war Teil der Studie, aber dort waren die Ergebnisse wegen eines Einbruchs der Fertilitätsrate in den letzten 20 Jahren weniger eindeutig.
Modellberechnungen für die Alterung der deutschen Bevölkerung zwischen 2013 und 2098 (Quelle: Stony Brook University)
«70 ist das neue 60»
In der Studie macht sich Sanderson für eine Neudefinition des Altersbegriffs stark. Nach herkömmlicher Kategorisierung wird bei 65 - dem Eintritt ins Pensionsalter - eine klare Grenze zum Alter gezogen. Jenseits der 65 gelten Menschen gemeinhin als alt.
Laut Sanderson sollte aber vielmehr die Lebenserwartung in einem Land beigezogen werden, um das Alter zu definieren. Danach wäre in vielen Ländern «70 das neue 60». Das gilt besonders für die Schweiz, die weltweit eine der höchsten Lebenserwartungen aufweist.