«Gesetzeslücke ausgenützt: Spitäler und Praxen lassen Röntgenbilder im Ausland auswerten – rechnen aber zu Schweizer Tarifen ab». Dies melden am Montag die Zeitungen von CH Media, also beispielsweise die
«Aargauer Zeitung», die «Luzerner Zeitung» oder das «Tagblatt» in St. Gallen.
«Mit einem dreisten Trick schröpfen Spitäler die Prämienzahlenden»: So titeln am Montag die Zeitungen von Tamedia, also beispielsweise «Tages-Anzeiger»,
«Berner Zeitung» oder auf französisch die
«Tribune de Genève».
Hier geht es um den Unterschied zwischen Listenpreis und Nettopreis, den Spitäler und Praxen ausweisen und auch ausnutzen können. Laut einer tarifvertraglichen Regelung dürfen sie seit 2021 bis 49 Prozent der Rabatte bei der Beschaffung von Medizinprodukten im ambulanten Bereich behalten – und müssen den Rest den Kassen weiterreichen. Eine Bedingung: Das so gewonnene Geld muss «nachweislich zur Verbesserung der Qualität der Behandlung eingesetzt werden», so der entsprechende
Rahmenvertrag.
Die Tamedia-Redaktion erhielt nun eine vertrauliche Händlerliste, die grosse Unterschiede auswies: Bei zwanzig Medizinprodukten lag der Listenpreis um ein Vielfaches über dem Nettopreis.
Auf den Lieferscheinen tauchen jeweils Nettopreise und die deutlich höheren Listenpreise auf; sie zeigen also ein grosses Potential für Rabatte. Zugleich zeigen «Tages-Anzeiger» u.a. mit Belegen von Spitalrechnungen, dass die Verrechnungspreise für identische Implantate dadurch sprunghaft gestiegen sind.
Alles einbehalten?
Speziell erwähnt wird Hirslanden. Die Gruppe habe dieses Jahr «in vielen Fällen nicht 49 Prozent des enormen Unterschieds zwischen Listen- und Nettopreises für sich [behalten], sondern gleich 100 Prozent.»
Dazu erklärt die Privatklinik-Gruppe, dass die Listenpreise von den Lieferanten ohne Einfluss von Hirslanden bestimmt würden. Man habe aber soeben eine externe Kanzlei mit einer Untersuchung beauftragt. «Diese ermittelt aktuell in einem detaillierten Prüfverfahren, ob es bei der Umsetzung der vertraglich vorgesehenen Einbehaltung von Vergünstigungen und der Rechnungsstellung zu Fehlern gekommen ist».
Zudem weist Hirslanden darauf hin, dass man den Aspekt der Qualität berücksichtigt habe: «Hirslanden habe von 2021 bis März 2024 sämtliche Vergünstigungen im Bereich Medizinprodukte an die Krankenversicherer weitergegeben, gleichzeitig aber allein 2023 über 18 Millionen Franken in Qualitätsmassnahmen investiert. Das habe man ab März 2024 mit den einbehaltenen Vergünstigungen kompensiert», so der Tamedia-Bericht.
Um die Einkaufs-Optimierung dreht sich auch die Kritik aus den CH-Media-Zeitungen. Die Teleradiologie ermöglicht es zunehmend, die Auswertung von CT-, MRI- und Röntgenbildern zentral zu erbringen. Dies wiederum hat eine weitere Folge: nämlich dass Privatspitäler und Radiologieinstitute die Daten nach Deutschland, Frankreich oder Ungarn senden, um sie dort befunden zu lassen – natürlich zu günstigeren Preisen. Die verrechneten Tarife entsprechen aber dem Schweizer Standard.
Konkret nennt die CH-Media-Recherche erneut Hirslanden sowie Emergency Radiology Schueller. Hirslanden habe «in 2 von 17 Radiologie-Instituten externe Partner angestellt …, bei denen nicht ausgeschlossen ist, dass sie auf internationale Teleradiologie setzen», heisst es. Emergency Radiology Schueller wiederum stellt klar, dass das Engagement im Ausland keine Qualitätseinbusse bedeutet: «Alle unsere Radiologen sind gemäss der EU-Qualifikationsnachweisverordnung zur Berufsausübung in der Europäischen Union berechtigt und sind zudem in der Schweiz durch die Medizinalberufekommission des Bundesamts für Gesundheit approbiert».
Zudem stellt das BAG klar, dass der Einkauf von Radiologie-Fachwissen im Ausland ohnehin legal ist: «Vom Strahlenschutzrecht her gibt es dafür keine Auflagen», so BAG-Mediensprecher Daniel Dauwalder in CH-Media.