Die Niemann-Pick Typ C Krankheit ist eine schwere neurodegenerative Erkrankung, für die es bislang kaum Behandlungsmöglichkeiten gibt. In einer Studie, bei der die Universitätsklinik für Neurologie des Inselspitals eine führende Rolle einnahm, wurde die in den 1950er-Jahren entdeckte Substanz NAcetyl-L-Leucin (kurz NALL) als neue Behandlungsoption für NPC untersucht.
NALL, das über spezielle Transporter in alle Körpergewebe (einschliesslich des Gehirns) gelangen kann, wurde ursprünglich zur Therapie von Schwindel entwickelt.
Bereits vor elf Jahren identifizierte Tatiana Brémová-Ertl, Oberärztin an der Universitätsklinik für Neurologie, als Erste das Potenzial von NALL zur Behandlung neurologischer Dysfunktionen bei NPC.
Basierend auf den positiven Effekten des Schwindel-Medikamentes Tanganil auf die zerebelläre Ataxie, behandelte die Forscherin 2015 im Rahmen einer klinischen Studie erstmals eine Gruppe von NPC-Patienten und fand überraschende Resultate:
Eine sechswöchige NALL-Behandlung hatte eine deutliche Reduktion der neurologischen Symptome und eine Steigerung der Lebensqualität zur Folge.
Die Niemann-Pick Typ C (NPC) Krankheit ist eine seltene und schwere neurologische Erkrankung, mit einer Häufigkeit von einem Fall pro 100 000 Personen. Die Krankheit beruht auf einer genetischen Störung und wird autosomal-rezessiv vererbt.
NPC gehört zu den lysosomalen Speicherkrankheiten, bei denen die Zellen des Körpers nicht in der Lage sind, bestimmte Fette richtig abzubauen und zu speichern. Dies führt zu einer Anhäufung dieser Fette in verschiedenen Organen, was schwere gesundheitliche Probleme verursacht. Zu den häufigsten Symptomen gehören Augenbewegungs- und Gleichgewichtsstörungen, Schwierigkeiten beim Schlucken, Gedächtnisprobleme und Verhaltensänderungen. Typisch ist auch eine vergrösserte Milz.
Die aktuelle klinische Studie wurde nun in 13 Studienzentren weltweit durchgeführt. Am Inselspital beteiligte sich ein interdisziplinäres Team aus Forschenden der Neurologie, der neuroimmunologischen Studienambulanz und der Abteilung für pädiatrische Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel des Schweizerischen Referenzzentrums für seltene angeborene Stoffwechselkrankheiten an dieser ersten Phase-III-Studie.
Verbesserung
Untersucht wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von NALL bei 60 pädiatrischen und erwachsenen Patienten mit NPC über eine Behandlungsdauer von zwölf Wochen hinweg. Die Ergebnisse zeigen, dass NALL, verglichen mit Placebo, die neurologischen Anzeichen und Symptome von NPC und die Lebensqualität der Patienten signifikant verbessert.
Auch bezüglich Sicherheit zeigte die Therapie gute Ergebnisse: Die Behandlung mit NALL war allgemein gut verträglich und führte zu keinen schwerwiegenden Nebenwirkungen. Diese Resultate, die jüngst im «New England Journal of Medicine» veröffentlicht wurden, unterstreichen das Potenzial von NALL als neue Behandlungsmöglichkeit bei NPC.
Erstautorin Tatiana Brémová-Ertl sagt: «Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass NALL eine wirksame und sichere Therapieoption für NPC-Patienten ist». Gleichzeitig betont die Expertin, dass zusätzliche Studien notwendig seien, um die langfristigen Effekte und die Wirkmechanismen der Substanz genauer zu verstehen.
Noch sei etwa unklar, ob es sich bei den Verbesserungen des neurologischen Status um eine symptomatische Linderung der Beschwerden handelt oder ob NALL in der Lage ist, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen oder sogar aufzuhalten.