Ans 670 Millionen Franken teure neue Bettenhaus des Inselspital haben die Berner Steuerzahler mitbezahlt. Nun ist im obersten Stock dieses Hauses aber eine ganze Abteilung ausschliesslich für Zusatzversicherte reserviert. Nicht nur das Essen und die Aussicht sind schöner, sondern auch die medizinische Versorgung besser. Zumindest verspricht das die Insel für ihre
neue Premium-Abteilung.
In Privatkliniken üblich
Dass Halbprivat- und Privatversicherte gewisse Extras für ihre höheren Prämien geniessen dürfen, ist für Allgemein-Versicherte nachvollziehbar. Und von Privatkliniken ist man diese Unterscheidung gewohnt.
Nur: Geht das auch in einem öffentlichen Spital? Noch dazu in einem hochdefizitären Spital wie der Insel, die von den Steuerzahlern mit Hunderten von Millionen Franken subventioniert wird?
«Zu viel Luxus für ein Universitätsspital»
Der Berner Gesundheitsökonom Heinz Locher kritisiert die neue «De-Luxe-Abteilung» im Universitätsspital. Er habe zwar Verständnis dafür, dass das Inselspital der Forderung der Finanzmarktaufsicht (Finma) nachkomme und mit der neuen Abteilung die Mehrleistungen für höhere Honorare besser nachweisen könne.
Trotzdem kritisiert Locher die Bewerbung der neuen Abteilung: Der «marktschreierische» Ton passe nicht zur Kultur eines Universitätsspitals. Und er prophezeit: «Die vollmundigen Versprechen wird das Spital kaum einhalten können. Und falls dies doch der Fall wäre, käme dies einer Fehlentwicklung gleich.» Denn: «Ein Universitätsspital ist kein Privatspital.»
Spezialisten gibt es für alle Versicherte
Besonders problematisch ist für Locher das Versprechen, dass Zusatzversicherte bei komplexen Fragestellungen weitere Spezialistinnen und Spezialisten freier Wahl beiziehen können. «Dieser Anspruch steht allen Patientinnen und Patienten zu, wenn auch ohne freie Arztwahl», sagt Locher.
Unüblich für ein wissenschaftlich ausgerichtetes Universitätsspital sind ausserdem folgende Versprechen:
- «Mehr und längere Visiten» von den Kaderärztinnen und -ärzten. Das heisse, so die Insel auf Anfrage von Medinside: «Diese Visiten dürfen für Zusatzversicherte länger dauern als medizinisch notwendig.»
- Priorisierung der Wünsche bei der Planung von Operationen und Untersuchungen. Dazu die Insel: «Bei der Planung von Operationen und Untersuchungen gilt grundsätzlich die medizinische Dringlichkeit.» Terminwünsche würden «erst in einem zweiten Schritt berücksichtigt», dafür aber in erster Linie bei Zusatzversicherten.
- Uneingeschränkte Besuchszeiten – dies im Gegensatz zu den Allgemeinversicherten, die nur von 13 bis 20 Uhr Besuch erhalten dürfen. Für die Insel seien uneingeschränkte Besuchszeiten organisatorisch ineffizient und teurer. Dieser Mehraufwand werde durch die Zusatzversicherung finanziert.
«Akzeptiert und abgestützt», sagt die Insel
Auf die Frage von Medinside, ob es für ein öffentliches Spital, das von den Steuerzahlenden hoch subventioniert ist, angemessen sei, Allgemeinversicherte länger auf Termine warten zu lassen oder deren Besuchszeiten einzuschränken, sagt die Insel: Das Modell von Halbprivat- und Privatversicherten im Spital sei in der Gesellschaft akzeptiert und gesetzlich abgestützt. Die Insel wolle den Patienten für ihre höheren Prämien transparent Mehrleistungen anbieten.
Ohne Erfolgsprämie für die Ärzte
Dazu versichert der Insel-Sprecher Daniel Saameli auf Anfrage von Medinside, dass die am Premium-Angebot beteiligten Ärzte und Ärztinnen keine Erfolgsprämie erhalten würden: «Die Betreuung von zusatzversicherten Patientinnen und Patienten ist über die ordentliche Vergütung geregelt.»