Die meisten Spitäler wollen nicht für Langfinger haften

Rechtsexperten finden: Privatspitäler haften wie Hotels für Diebstähle. Doch die meisten halten sich nicht daran - ausser Hirslanden.

, 7. Februar 2024 um 06:37
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Ein leeres Spitalzimmer: Gelegenheit für Diebe, die es auf die Wertsachen von Patienten abgesehen haben. | DC Studio/Freepik
Es kommt offenbar immer häufiger vor: Diebesbanden nutzen es aus, dass Spitalpatienten ihre Wertsachen nicht immer beaufsichtigen und bestehlen sie in ihren Zimmern. Die Zeitschrift «K-Tipp» berichtet von einem besonders dreisten Diebstahl.

Ehering und Schmuck gestohlen

Eine Patientin musste sich in der Zürcher Privatklinik Bethanien notfallmässig die Gallenblase entfernen lassen. Nach der erfolgreichen Operation verliess die Patientin zusammen mit ihrem Ehemann für eine kurze Untersuchung das Zimmer.
Als sie zurückkamen, fehlten in der in der Mappe des Ehemanns der Ehering und Schmuck. Diese Dinge wollte die Patientin nach ihrer notfallmässigen Einlieferung vorsichtshalber ihrem Mann mit nach Hause geben. Auch Bargeld und der Wohnungsschlüssel fehlte.

Auf Spitäler spezialisiert

Den Schlüssel nutzten die Diebe kurze Zeit später dazu, in der Wohnung des Ehepaars Uhren, Schmuck und Münzen zu stehlen.
Diebstähle in Spitälern gibt es regelmässig. Allein das Unispital Zürich verzeichnet jährlich rund 60 Diebstähle. Vermutet wird, dass es sich um professionelle Täter handelt, die sich auf Spitäler spezialisiert haben.

Jede Haftung ausgeschlossen

Viele Spitäler stellen ihren Patienten deshalb Safes oder abschliessbare Schränke zur Verfügung. Und sie schliessen in ihren Patienteninformationen ausdrücklich jede Haftung für Diebstähle aus.
Allerdings sind Rechtsexperten der Meinung, dass das nicht geht. Sie sagen: Privatspitäler fallen unter die gleiche Regelung wie Hotels. Und diese haften - gestützt auf den so genannten Beherbungsvertrag - bei Diebstählen aus Hotelzimmern auf jeden Fall mit 1000 Franken pro Gast.

Mitwisser im Spital?

Sogar den ganzen Schaden müssen sie übernehmen, wenn Angestellte oder Beauftragte mitschuldig sind am Diebstahl. Im Fall der Bethanien-Patientin könnte dies durchaus der Fall sein. Einiges deutet darauf hin, dass es unter den Spitalangestellten oder bei der externen Reinigungsfirma Mitwisser gab.
Die Gleichstellung mit Hotels begründen die Rechtsexperten damit, dass Privatkliniken meistens Belegspitäler sind. Das heisst: Sie betreiben die Hotellerie und die Pflege. Für die ärztliche Behandlung sind hingegen externe Ärzte zuständig.

Hirslanden vorbildlich

Die Klinik Bethanien lehnt trotzdem jede Haftung ab. Schliesslich habe sie die Patienten bei der notfallmässigen Aufnahme mündlich auf den Safe und den Haftungsausschluss hingewiesen.
Auch andere Spitäler wollen nicht für Diebstähle in den Patientenzimmern geradestehen. Nur die Zürcher Hirslanden-Klinik handhabt Diebstähle wie Hotels dies tun: Sie sei haftpflichtversichert und vergüte nachweislich entstandene Schäden, wenn die Täter nicht bekannt seien, bestätigte Claude Kaufmann, Sprecher der Hirslanden-Gruppe, auf Anfrage von Medinside.
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