Die Schweizer Berge und Seen entsprechen offenbar dem Traum von deutschen Medizinstudenten. Die deutsche Stellenvermittlungs-Plattform «Praktischarzt.de» lobt die Schweiz fürs Medizinstudium über alles: «Grossartige Landschaften, viel Natur und schöne Städte.»
Wandern und Skifahren
Das Lob geht bis ins Detail: «Wer beispielsweise in Zürich studiert, hat einerseits direkt den Zürichsee vor der Haustür oder kann vom Zürichberg die wunderbare Aussicht geniessen. Ausserdem laden natürlich die Schweizer Alpen stets zu einer Bergwanderung ein oder im Winter zum Skifahren.»
Wer sich nun so richtig für ein Medizinstudium in der Schweiz zu begeistern beginnt, erhält weitere ermunternde Informationen: «Medizin studieren ohne Numerus clausus – in der Schweiz ist es möglich.»
Ohne Note 5,5 keine Chance
Doch dann kommt ein arger Dämpfer: «Es ist jedoch nicht einfach, in der Schweiz einen Studienplatz für Medizin zu ergattern.»
Was das genau heisst, ist in der Publikation
«Check Medizinstudium in Europa» zu lesen. In der aktuellen Ausgabe empfehlen die Verfasser für Schweizer Medizinstudiengänge: «Deutsche Studierende nur mit Abiturnote bis 2,0.» Das heisst im Schweizer Notensystem: Mindestens eine 5,5.
Gleich wie Schweizer müssen auch Deutsche den Eignungstest für das Medizinstudium in der Schweiz (EMS) absolvieren. Zwei Beispiele aus diesem Test finden Sie hier. Die richtigen Lösungen stehen am Ende dieses Artikels.
Hätten Sie das lösen können?
Muster zuordnen ist eine von neun Aufgabengruppen im EMS. Finden Sie den richtigen Ausschnitt in weniger als 54 Sekunden?
Die Röntgenaufgabe
Auch das medizinisch-naturwissenschaftliche Grundverständnis wird getestet. Wissen Sie die richtige Antwort für folgende Aufgabe? Sie haben zweieinhalb Minuten Zeit.
Röntgenstrahlen werden in umso stärkerem Masse absorbiert, je dichter oder je dicker die zu bestrahlende Substanz ist. Bei einer Röntgenaufnahme des Brustkorbs wird daher die strahlenempfindliche Schicht des Films dort stärker geschwärzt, wo die Röntgenstrahlen auf ihrem Weg durch den Körper hauptsächlich Lungengewebe getroffen haben. Das Gebiet, in dem das Herz liegt, bleibt etwas heller, und auch die Rippen zeichnen sich wegen ihrer durch den Kalkreichtum höheren Dichte als hellere Streifen ab.
Welcher der folgenden krankhaften Befunde würde sich demnach im Röntgenbild als eine etwas stärker geschwärzte Stelle von seiner Umgebung abheben?
(A) ein alter verkalkter Tuberkuloseherd in der Lunge
(B) ein Nierenstein mit hohem Kalziumgehalt
(C) ein verschluckter Nagel im Magen
(D) ein das Knochengewebe entkalkender Tumor im Beckenknochen
(E) eine grössere Eiteransammlung in der Lunge
Die Ausland-Hotspots
Humanmedizin ist in Deutschland eines der beliebtesten Studienfächer. 2021 gab es 105’000 Medizinstudierende. Zum Vergleich: In der Schweiz waren es 7000. Weil in Deutschland viele Bewerber keinen Studienplatz erhalten, gehen jedes Jahr 8000 Deutsche fürs Medizinstudium ins Ausland.
2200 Studierende in Ungarn
Etwa die Hälfte von ihnen wählen dabei einen regulären Medizinstudiengang. Das beliebteste Land ist dabei Österreich mit rund 2500 Medizinstudierenden aus Deutschland. Die andere Hälfte studiert in speziellen internationalen Medizinstudiengängen in Ost- und Südosteuropa. Besonders beliebt ist Ungarn, wo 2200 Deutsche Humanmedizin studieren; dann folgen Polen, die Tschechische Republik und Litauen.
Teures Spezialstudium
Die Studiengebühren für solche Spezialstudiengänge können bis zu 27'000 Franken pro Jahr, also insgesamt 162’000 Franken betragen, wie das deutsche Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in seiner Publikation «Check Medizinstudium in Europa» vorrechnet.
Im Vergleich dazu sind die Studiengebühren in der Schweiz sehr günstig. Sie betragen je nach Universität 1000 bis 8000 Franken pro Jahr.
Grafik: Check Medizinstudium in Europa
Doch wegen der hohen Hürden ist und bleibt das Medizinstudium in der Schweiz für viele ein Traum.
Auflösung der Tests oben: 1. Aufgabe: B ist richtig. 2. Aufgabe: D ist richtig.