Meierhans fordert einen nationalen einheitlichen Tarifmassstab

Gemäss dem Preisüberwacher liessen sich in Schweizer Spitälern jährlich eine halbe Milliarde Franken einsparen.

, 5. Juni 2023 um 04:51
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Preisüberwacher Stefan Meierhans kritisiert den Bundesrat, der gegen den Interessenkonflikt der Kantone nichts unternimmt. | Screenshot SRF
«Die Spitäler wollen zu viel Geld. Die Versicherer verhandeln schlecht. Die Kantonsregierungen genehmigen zu hohe Tarife. Und der Bundesrat hat nichts gegen den Interessenkonflikt der Kantone unternommen.» Dies moniert der Preisüberwacher Stefan Meierhans in der «Sonntagszeitung». Zudem meint er: Der Bund sollte endlich die verschiedenen Rollen der Kantone entflechten und einen nationalen einheitlichen Tarifmassstab festlegen.
Eine Blinddarmentfernung ist im Tessin am günstigsten: In der Clinica Santa Chiara in Locarno kostet die Entfernung des Blinddarms 6090 Franken. Das Berner Inselspital verlangt für die gleiche Behandlung 7810 Franken.

Das günstigste Spital als Richtschnur

Gemäss dem Krankenversicherungsgesetz (KVG) müssten sich die Preise nach den günstigsten Spitälern richten. Nur bei Behandlungen mit Schwierigkeiten oder Begleiterkrankungen kann ein Spital höhere Tarife verrechnen. Das Beispiel Blinddarm-OP zeige, dass das aber nicht der Fall ist.
Laut Meierhans wird dieses Gesetz von vielen Kantonsregierungen missachtet, die für die Tarifgenehmigung zuständig sind, schreibt die «Sonntagszeitung» und mit ihr die regionalen Onlineausgaben von Tamedia. Laut den Berechnungen des Preisüberwachers liessen sich eine halbe Milliarde Franken einsparen.
Seine Erklärung ist nachvollziehbar: Die Kantone gewähren den Spitälern zu hohe Tarife, weil sie als Eigner der Spitäler ein ureigenes Interesse daran haben. Gäbe es einen schweizweiten Tarif, der sich an den günstigsten Spitälern orientierten, liessen sich Kosten sparen.

Kantone wehren sich - wie immer

Doch von einem nationalen, einheitlichen Tarifmassstab wollen die Kantone nichts wissen. Sie sind seit je die grössten Bremser bei jeglicher Neuerung im Gesundheitswesen. Das zeigt sich etwa auch in der ewigen Baustelle Efas, der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen.
Die Kantone sind Eigentümer, Spitalplaner, Mitfinanzierer und Tarifgenehmigungsbehörde in einem. «Die Mehrfachrolle der Kantone ist eines der grössten Probleme der schweizerischen Gesundheitspolitik», wird Comparis-Experte Felix Schneuwly in den Tamedia-Blättern zitiert «Die Kantone halten sich nicht ans Gesetz, weil sie in einem Interessenkonflikt sind.»
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