Krise bei Permanencen und Praxen: Wird der Bundesrat aktiv?

Was bewirkt der Bundesgerichts-Eingriff bei den Notfall-Entschädigungen? Was kann die Politik tun? Dazu muss die Landesregierung am Montag Stellung nehmen.

, 6. Dezember 2024 um 14:44
image
Bild: Andreas Fischinger on Unsplash
Es war absehbar und angekündigt: Der Bundesgerichts-Entscheid zu den Notfall-Pauschalen wird zum Stoff in dieser Session im Bundeshaus. Für den kommenden Montag wurden mehrere Fragen an den Bundesrat eingereicht – und diese Fragen sind zwar nicht direkt wirksam, aber sie lassen darauf schliessen, was die Politiker wünschen.
Zum Beispiel will der Waadtländer Nationalrat Raphaël Mahaim von der Landesregierung wissen, ob der Bundesrat ein Moratorium zur Umsetzung des Bundesgerichtsurteils unterstützen würde. Dies würde helfen – so deutet Mahaim an – dass die Akteure im Gesundheitswesen eine Lösung finden «bevor die Folgen nicht wiedergutzumachen sind».
Im Hintergrund steht die Befürchtung, dass ein Bundesgerichts-Urteil vom vergangenen Juni zu einer Kaskade von Schliessungen und Konkursen bei ambulanten Leistungserbringern führt. Das oberste Gericht entschied damals, dass Notfall-, Permanence- oder Walk-in-Praxen die erhöhte Notfallentschädigung nicht kategorisch für Arbeit zu Randzeiten beanspruchen dürfen. Die Krankenkassen fordern nun ausbezahlte Beträge auf fünf Jahre zurück, um damit ihre Reserven zu erhöhen.

Tarifeingriff per Kreisschreiben?

Dazu meldet sich auch die Zürcher FDP-Nationalrätin Bettina Balmer zu Wort: «Aufgrund dieses Urteils ergeben sich teilweise existenzielle finanzielle Schwierigkeiten für Kinderpermanencen», schreibt die Ärztin in ihrer Frage an den Bundesrat. Dann fragt sie: «Sieht der Bundesrat die Versorgungslage der Kindermedizin als kritisch an? Falls nein: Warum nicht? Falls ja: Welche Sofortmassnahmen und weitere Massnahmen plant er?»
Der GLP-Nationalrat und Pflegefachmann Patrick Hässig macht – ebenfalls in Frageform – einen konkreten Vorschlag einer Sofortmassnahme: «Ist der Bundesrat bereit, die einschlägigen PIK-Entscheide mittels Kreis- oder Informationsschreiben durchzusetzen und mit einer Präzisierung der Anwendung der Pauschalen die ambulante Versorgung durch angestellt tätige Ärzt:innen sicherzustellen?»
Mit anderen Worten: Gesundheitspolitiker Hässig regt an, dass der Bundesrat die umstrittenen Tarmed-Pauschalen für gültig erklärt, indem er auf entsprechende Entscheide der Paritätischen Interpretationskommission der Tarifpartner verweist.

Können Kantone mitfinanzieren?

Eine förmlichere – und längere Anfrage – kommt schliesslich von Sarah Wyss. Die Basler SP-Nationalrätin fordert per Interpellation, dass sich der Bundesrat mit den Folgen für die Versorgung beschäftigt: «Welche Rolle spielen die Permanencen für die Versorgungssicherheit sowie die Strategie 'ambulant vor stationär' in der Schweiz?», so eine Frage von Gesundheitspolitikerin Wyss. Oder: «Wenn diese Permanences schliessen bzw. ihre Öffnungszeiten einschränken würden, mit welchen Konsequenzen auf die Versorgung und andere Leistungserbringenden ist zu rechnen?»
Wyss und ihre Mitunterzeichnenden Bettina Balmer und Patrick Hässig stellen in ihrer Interpellation noch mehr Ideen in den Raum. Die Fragen dazu: «Erlaubt das KVG, neue Finanzierungsmodelle im ambulanten Setting mit den entsprechenden Leistungserbringenden zu entwickeln?» Vor allem deuten sie an, dass aus ihrer Sicht die Kantone sehr konkret einspringen sollten: «Ist es korrekt, dass gemäss KVG die Kantone aus Versorgungssicht Permanencen mitfinanzieren dürfen? Könnten Kantone an solche Finanzierungen Vorgaben wie beispielsweise Ausbildungspflicht, max. Gewinnmarge oder anderes knüpfen?»
  • notfall
  • praxis
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Notfallpauschalen: Das Minenfeld der Rückforderungen

Nach dem Bundesgerichtsurteil zur Notfall-Abrechnung gehen jetzt in der Romandie die Wellen hoch: Ärzte warnen vor Pleiten und Lücken, Politiker planen Vorstösse in Bern.

image

Genf: Kinderärzte kündigen Streik an

Der Bundesgerichts-Entscheid zu den Notfall-Entschädigungen zieht weitere Kreise.

image

Notfallpraxis Sursee: Ende Woche ist Schluss

Früher als geplant stellt die Notfallpraxis der Hausärzte in Sursee den Betrieb ein – wegen «Administrativspielchen» der Krankenkassen. Nun ist das LUKS gefordert.

image

Psychotherapie: Santésuisse spricht von Kostenexplosion

Die Krankenkassen fordern einen tieferen Tarif für psychologische Psychotherapeuten. 

image

Brustkrebsscreening bald auch in Baselland

Während immer mehr Kantone Brustkrebsscreenings einführen, wird der Nutzen in Zürich hinterfragt.

image

In Bern steht die Selbstdispensation wieder zur Debatte

Der jahrelange Konflikt zwischen Apothekern und Ärzten könnte in eine neue Runde gehen: Eine kantonale Motion fordert, dass künftig alle Arztpraxen Medikamente verkaufen dürfen.

Vom gleichen Autor

image

Bericht: Zürcher Spitäler sollen mehrere Gross-Projekte verschieben

Die Kantonsregierung will Investitionen im Milliarden-Umfang auf Eis legen. USZ, KSW und PUK sind betroffen.

image

Unispital Basel holt Immobilien-Manager von der Insel Gruppe

Bruno Hug, der Gesamtprojektleiter des neuen Inselspitals, wechselt als Leiter Immobilien nach Basel.

image

200 Millionen Franken für Femhealth-Projekte

Seit 2021 fördert der Akzelerator Tech4Eva Startups für die Gesundheit der Frau. Dabei zeigt sich, wie sehr dieses Thema im Trend liegt.