Pfisters Bremsentrick ist ein Steilpass für Bersets Kostenzielplan

Auch der Ständerat möchte also zur Kostenbremse einen indirekten Gegenvorschlag bereithalten. Die Initiative wird an der Urne sicher abgelehnt. Für planerische Vorgaben fehlen sämtliche Datengrundlagen. Das hindert selbst bürgerliche Politiker nicht, einem bürokratischen Planungsrausch zu verfallen.

, 4. April 2023 um 11:00
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Auch der Ständerat erliegt bei der verführerischen Idee einer Kostenbremse im Gesundheitswesen einer planerischen Gross-Illusion. Er hat am 14. März 2023 folgendes beschlossen:
Das Bundesparlament stellt der Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei einen indirekten Gegenvorschlag entgegen. Es will Kosten- und Qualitätsziele im Gesundheitswesen gesetzlich festschreiben – als Massnahme gegen den Prämienanstieg.
Der Nationalrat hatte schon im Juni 2022 für den indirekten Gegenvorschlag gestimmt. Weil der Ständerat mehrere Differenzen schuf, geht das Geschäft zurück an die grosse Kammer. Gemäss dem Entwurf soll der Bundesrat künftig nach Anhörung aller Akteure im Gesundheitswesen Kosten- und Qualitätsziele für die Leistungen für die darauffolgenden vier Jahre festlegen. Jeder Kanton kann sich daran orientieren und ebenfalls Kosten- und Qualitätsziele für die darauffolgenden vier Jahre festlegen. Vorgaben, was passieren soll, wenn Ziele nicht erreicht werden, enthält die Vorlage nicht. Der Nationalrat hatte im Sommer entsprechende Bestimmungen gestrichen.
Für ein solch verlockendes Vorhaben gibt es aber leider keine Datengrundlagen. Der Basler Gesundheitsökonom Stefan Felder schrieb schon 2022 in der NZZ Tribüne: «Es stellt sich nun die Frage nach der statistischen Grundlage für diese Entscheide. Die im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) durch die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich prognostizierte Kostenentwicklung weist keine signifikanten Zahlen aus, und auch in den Kantonen mangelt es an einer verlässlichen statistischen Grundlage.»
Da entsteht gerade ein neuer Papiertiger: ohne Datengrundlage entsteht ein weiteres Planungsmonster. Das hindert unsere Parlamentarier nicht daran, die Kosten- und Qualitätsziele festlegen zu wollen und das Amt alle Akteure anhören zu lassen. Und die Kantone dürfen das dann auch nochmals umsetzen. Betreiben wir hier eigentlich Beschäftigungstherapie? Wie will das BAG die korrekten künftigen Kosten der gesamten Gesundheitsversorgung berechnen, wenn man sich schon bei der Zulassungsplanung arg verschätzt hat? Und wie ist der Zusammenhang zwischen diesen neu geplanten Kosten- und Qualitätszielen und den bereits bestehenden Zielen des Bundesrates zur Qualitätsentwicklung und der Eidgenössischen Qualitätskommission gemäss Artikel 58 des Krankenversicherungsgesetzes? Weiss da die eine Abteilung des BAG, was die andere tut?

«Die Kostenbremse aus der Mitte ist ein wahltaktisches Geplänkel und soll einfach an der Urne zur Ablehnung empfohlen werden.»

Bereits bei der neuen Zulassungsregulierung musste kurz nach Inkrafttreten die erste Revision übereilt eingeführt werden und es werden noch viele folgen. Warum? Weil ohne saubere oder mit falschen Datengrundlagen reguliert wird und schon kurz nach der Einführung erste Versorgungsengpässe beklagt werden müssen.
Die Kostenbremse aus der Mitte ist ein wahltaktisches Geplänkel und soll einfach an der Urne zur Ablehnung empfohlen werden. Ein indirekter Gegenvorschlag ist überflüssig, weil es dazu keine Daten gibt und die Materie zu komplex ist. Natürlich ist es für alle Politiker verlockend, eine Problemlösung an die Akteure, also hier die Leistungserbringer, zu delegieren. Aber es wird dabei nur heisse Luft aus endlos langen Gesprächsrunden und kein einziger brauchbarer Vorschlag rauskommen. Das wissen doch alle längst, dass ein solches Vorgehen nichts taugt und nur tausende von Arbeitsstunden von hochqualifizierten Menschen nutzlos gebunden werden. Und trotzdem lassen sich Politiker immer wieder in diese Märchenwelt versetzen. Ein bitte an beide Parlamentskammern: streichen Sie den indirekten Gegenvorschlag.
Die Kostenbremse ist über die hausärztlich koordinierte medizinische Versorgung längst umgesetzt. Wenn das Parlament dazu noch einen Beitrag leisten will, dann braucht es zwei minimal invasive Eingriffe: Streichung von Listenmodellen im Krankenversicherungsgesetz 41.4 und Aufhebung der Prämiengenehmigung in den Alternativen Versicherungsmodellen (AVM) in der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) 101c (wäre reine Verwaltungssache). Und nach dem Debakel des neuen KPT-Produktes, das viel zu günstig kalkuliert und von der Prämienaufsicht des BAG nicht gemerkt wurde, können wir die jährliche Prämiengenehmigung durch das BAG generell definitiv in Frage stellen. Aber dazu in einer der nächsten Kolumnen.
Felix Huber ist Facharzt für Allgemeine Innere Medizin FMH und Verwaltungsratspräsident von Medix Zürich und Präsident der Ärztenetze Medix Schweiz.

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