Der Doktor macht wieder Hausbesuche – zweiter Teil

Man ruft den Arzt über eine App, und der kommt nach Hause: Dieses Prinzip breitet sich weiter aus. Hier das Modell einer Medizinerin, die Unternehmerin wurde.

, 14. August 2015 um 07:12
image
  • praxis
  • trends
Wir hatten hier ja eben ein neues Projekt vorgestellt: Pager. Das Online-Ärztenetzwerk startete jetzt in New York mit 20 Millionen Dollar Anfangskapital und funktioniert im Stile des Taxidienstes Uber: Man lädt sich die App von Pager herunter, und dann verspricht das Unternehmen, dass man im Krankheitsfall innerhalb von zwei Stunden von einem Arzt besucht wird. Der Einstiegspreis liegt bei (fast verdächtig tiefen) 50 Dollar, danach kostet jeder Besuch 200 Dollar.
«Personal healthcare, anywhere», lautet das Motto. Dass sich hier etwas anbahnt, das weitere Kreise zieht – dafür spricht das nächste Beispiel: Heal. 

«Das ginge doch besser»

Die Konkurrenzfirma wurde an der anderen US-Küste gestartet, in Los Angeles und San Francisco. Sie setzt ganz gleich auf das Prinzip Hausbesuch, vermittelt durch eine App. Und sie hat notabene ebenfalls geldschwere Investoren im Rücken, so den Chef des Telecom-Riesen Qualcomm, diverse Fonds oder auch Soulstar Lionel Richie.
Heal wurde gegründet von der Ärztin Renée Dua – nach einer eigenen bemühenden Erfahrung in einer nächtlichen Notfallstation: 8 Stunden Wartezeit, gefolgt von einer oberflächlichen medizinischen Betreuung. Ein Notdienst, so befand die Nierenfachärztin, müsste doch effizenter und rascher zu organisieren sein.

Datenschutz? Infektionen? Also Hausbesuche!

Und so entwickelte sie den Hausarzt-Besuchsdienst. Im Interview mit dem landesweiten Radioprogramm «Marketplace» brachte Dua dabei ein interessantes Argument vor: Zwei Themen spielen heute eine wichtige – einschränkende – Rolle in der alltäglichen Medizin. Nämlich ersten der Datenschutz und ganz allgemein die Diskretion. Und zweitens die Infektions-Problematik. 
Beide Punkte aber sprechen dafür, dass der Hausbesuch wieder zum gängigen Begegnungsmodell zwischen Patienten und Medizinern werden müsste.
Die Patienten erhalten bei Heal eine App und das Versprechen, dass nach einem Aufruf innert 60 Minuten ein Arzt vor der Türe steht. Dabei ist der Preis immer gleich: 99 Dollar. Im Gegensatz zu Pager stellt Heal die Ärzte auch ein. Und diese rücken aus mit einer Tasche voller tragbarer High-Tech-Geräte – auch dies ein Teil der Idee, mit der eine mobile Grundversorgung garantiert werden soll.

Voll konzentrieren auf die Patienten

Bislang beschäftigt das Projekt vor allem junge Ärzte, die sich als Grundversorger bewähren wollen, doch das ganze Drum und Dran beim Einstieg ins Praxisgeschäft vermeiden wollen. «Unsere Ärzte können sich voll konzentrieren auf die Patienten», sagt Dua.
Auch Heal will sich demnächst über weitere Städte ausbreiten. Hier bestätigt es sich offenbar: Die App-Idee der Uber-Mediziner hilft wohl kaum jenen Regionen, in denen der Ärztemangel akut und akuter wird. Denn es ist offensichtlich, dass solch eine Idee nur in Ballungszentren funktionieren kann, wo sowohl viele Ärzte als auch viele Patienten auf relativ engem und gut erschlossenem Raum leben.

Renée Dua erklärt die Idee hinter Heal:


Mehr:

  • «There’s an Uber for Everything Now», in: «The Wall Street Journal»
  • «Heal Wants To Make Seeing A Doctor As Easy As Calling An Uber», in: «Buzzfeed»


Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Notfallpauschalen: Politiker machen Druck auf Versicherer

Im Ständerat fordert eine erste Motion höhere Tarife für Notfalleinsätze und Permanencen.

image

Zürich: Teil-Einigung im Tarifstreit, Taxpunktwert steigt um 2 Rappen

Die Ärztegesellschaft des Kantons Zürich einigte sich mit HSK und CSS auf einen Wert für die ambulant tätigen Mediziner.

image

Notfallpauschalen: Bundesrat kann nichts tun

Die Landesregierung sieht keine Möglichkeit, dass Bern kurzfristig eingreift. Allerdings wird sie im Tardoc-Verfahren speziell auf die Dringlichkeits-Entschädigungen achten.

image

Cyberattacke auf Praxisgruppe Vidymed

Die Waadtländer Gruppe kämpft mit den Folgen eines Cyberangriffs, der ihre IT-Systeme lahmlegte. Ein Krisenstab sucht allfällige Datenlecks.

image

200 Millionen Franken für Femhealth-Projekte

Seit 2021 fördert der Akzelerator Tech4Eva Startups für die Gesundheit der Frau. Dabei zeigt sich, wie sehr dieses Thema im Trend liegt.

image

Krise bei Permanencen und Praxen: Wird der Bundesrat aktiv?

Was bewirkt der Bundesgerichts-Eingriff bei den Notfall-Entschädigungen? Was kann die Politik tun? Dazu muss die Landesregierung am Montag Stellung nehmen.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.