Der einsturzgefährdete Skandalbau wird nun saniert

Nur 16 Jahre war die futuristisch anmutende Berner Frauenklinik in Betrieb. Dann drohte sie einzustürzen. Die Sanierung kostet fast so viel wie damals der Neubau.

, 15. April 2020 um 12:44
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Eine Weile zogen die Insel-Verantwortlichen sogar in Erwägung, die Berner Frauenklinik ganz abzureissen. So schlecht ist das Gebäude gebaut. Doch dann kamen sie zum Schluss: Ein Neubau bräuchte mehr Zeit und käme deshalb teurer, wie Alex Josty, Kommunikationschef der Inselgruppe, gegenüber Medinside bestätigte.

Klinik wies 3600 Baumängel auf

Die nun geplante Sanierung kostet 110 Millionen Franken – fast so viel wie damals der 120-Millionen teure Neubau. Die ersten der zahlreichen Baumängel der Klinik – es waren 3600 an der Zahl – traten schon kurz nach der Eröffnung im Jahr 2002 auf. Zuerst wiegelte der damals für den Bau verantwortliche Kantonsbaumeister ab und bezeichnete diese Mängel als «nicht unüblich bei 930 Räumen».
Es zeigte sich aber immer deutlicher, dass der eigenwillige Bau des Zürcher Architekturbüros Bétrix und Consolascio teilweise an den Bedürfnissen der Patientinnen, Angestellten und Besuchern vorbeigeplant worden war. Die Vorfahrt beim Haupteingang war nicht überdacht, die Cafeteria zu klein, die Signalisation ungenügend, und beim Empfang herrschte ständig Zugluft.

Zu viel roher Beton für die Gebärenden

Die Patientinnen klagten, dass in den Zimmern roher Beton und Holzzementplatten vorherrschten. Die Architekten wollten damit «eine Stimmung schaffen, die im Gegensatz zum herkömmlichen klinischen Weiss stehe. Die Frauen sollten nicht das Gefühl bekommen, ihr Kind in einer sterilen Spitalmaschine zu gebären.» Doch der Blick an eine Betondecke war auch nicht das, was sich die Patientinnen wünschten.
Später zeigte sich dann, dass auch die spektakuläre Tragstruktur mit den einbetonierten Stahlträgern zu kühn geplant war: 2007 stellten Baufachleute in der Tragkonstruktion schwere Mängel fest. Die Klinik wäre bei einem Erdbeben wohl eingestürzt. Die Gefahr war so gross, dass das Gebäude Stabilisatoren brauchte und permanent überwacht werden musste. Selbst diese Überwachung konnte jedoch nicht verhindern, dass später eine Treppe im Haus einstürzte. Zum Glück, ohne dass jemand verletzt worden wäre.

Zu spät: Insel war schon Eigentümerin geworden

Unglücklicherweise war das Inselspital nur gerade drei Monate vor der Feststellung dieser gravierenden Statikprobleme Eigentümerin des Gebäudes geworden, weil es der Kanton ans Spital übertragen hatte. Das bedeutet, dass nun die Inselgruppe auch die ganze Sanierung selber zahlen muss.
Vergangenes Jahr versuchte das Spital mit einem Gesuch zu erreichen, dass sich der Kanton an den Kosten beteiligt. Schliesslich war er der ursprüngliche Bauherr. Doch vergeblich. Vor einem halben Monat lehnte es dieser ab, etwas zu bezahlen. Und zwar mit der Begründung, der Kanton sei weder verantwortlich noch zuständig für die Statikprobleme. Laut Alex Josty akzeptiert die Inselgruppe diesen Entscheid und unternimmt keine weiteren Versuche mehr, einen Beitrag zu erhalten.

Neu auch Augenheilkunde im sanierten Bau

Ende 2022 soll die Sanierung fertig sein, sofern die Auswirkungen von Covid-19 keine Verzögerung bewirken. Dann wird die Frauenklinik zurückzügeln und neu wird auch die Augenheilkunde unter demselben Dach einquartiert. Das Theodor-Kocher-Haus, das derzeit als Provisorium für die Frauenklinik dient, wird dann für seine ursprüngliche Bestimmung umgebaut. Dort wird es ein Organ- und Tumorzentrum geben.
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