Gericht: Spital durfte Zeugen Jehovas abweisen

Ein Listenspital im Kanton Bern weigerte sich, einen Zeugen ­Jehovas zu operieren, weil er im Notfall keine Bluttransfusion akzeptiert hätte. Der Mann ging bis vors Obergericht – erfolglos.

, 30. Juni 2017 um 08:00
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  • recht

  • Nachtrag 7. Juli 2017: Der Patient hat inzwischen beschlossen, den Fall weiter bis vors Bundesgericht zu ziehen. In diesem Beitrag erläutert sein Anwalt, Haykaz Zoryan, die Beweggründe.

Das Problem taucht ja immer wieder mal auf im Gesundheitswesen: Die Anhänger der Zeugen Jehovas möchten keine Bluttransfusionen. Um die Zwangslage im Vornherein zu vermeiden, entschloss sich ein Spital im Kanton Bern, einem Zeugen Jehovas die operative Behandlung einer Diskushernie gleich kategorisch zu verweigern. 
Konkret: Der Mann hatte sich geweigert, eine Einverständniserklärung zu unterzeichnen, welche es erlaubt hätte, ihm im Notfall Bluttransfusionen zu verabreichen. Deshalb musste er – beziehungsweise der Belegarzt – am Ende auf ein anderes Spital ausweichen.

Rassendiskriminierung, Nötigung?

Der Patient reichte bei der Staatsanwalt Biel-Seeland Strafanzeige ein. Die Vorwürfe lauteten auf Rassendiskriminierung, Aussetzung, versuchter Nötigung und Widerhandlung gegen das Spitalversorgungsgesetz. Die Staatsanwaltschaft lehnte es ab, darauf einzugehen – weshalb der Zeuge Jehovas ans Obergericht gelangte.
Doch auch das höchste Kantonsgericht kam zum Schluss, dass das Spital kein Gesetz verletzt hat, wie die «Berner Zeitung» heute berichtet.
Die Tatbestände der Nötigung und der Rassendiskriminierung – beziehungsweise Diskriminierung einer Glaubensrichtung – wurden vom Gericht klar verworfen.
Interessanter ist die Frage, wie es um die Behandlungspflicht eines Listenspitals steht. Diese entscheide sich nach medizinischen Gesichtspunkten, urteilt das Gericht, und das heisst eben auch: «Die Weigerung, eine elektive operative Behandlung unter der Voraussetzung des absoluten Verzichts auf die Gabe von Blut- oder Blutprodukten durchzuführen, lässt sich medizinisch bzw. medizinethisch begründen», so das Urteil.


Bei plan­baren Eingriffen hat ein Spital also die Freiheit, zu entscheiden, ob eine Behandlung unter den gewünschten Rahmenbedingungen vertretbar ist oder nicht. Zeugen Jehovas hätten bei planbaren Eingriffen keinen unbedingten Anspruch auf «blutlose» Chirurgie: «Diese steht stets unter dem Vorbehalt einer positiven Risiko-Nutzen-Analyse und der ethischen Bereitschaft der behandelnden Fachperson».
Oder anders: Kein Mediziner könne zu einer Behandlung gezwungen werden kann, die nicht seinen ethischen oder religiösen Überzeugungen entspricht.
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